11.01.2018

Obergrenze für die Masse von Neutronensternen

Gravitationswellen erleichtern Berechnung des Maximalwerts.

Seit der Entdeckung von Neutronensternen in den 1960er Jahren fragen sich Wissen­schaftler, wie schwer diese Objekte werden können. Im Unter­schied zu schwarzen Löchern können sie nicht beliebig viel Masse zulegen: Wird eine bestimmte Massen­grenze über­schritten, gibt es keine physi­ka­lische Kraft mehr, die der Gravi­tation ent­gegen­wirken kann. Forschern der Uni Frank­furt ist es jetzt erst­mals gelungen, eine strenge obere Grenze für diese maximale Masse von Neutronen­sternen zu berechnen.

Abb.: Gravitationswellenemission während einer Neutronen­stern­kollision. (Bild: AK Rezzolla, GUF)

Während die meisten Neutronensterne eine Masse von etwa 1,4 Sonnen­massen haben, sind auch sehr massive Exemplare bekannt wie der Pulsar PSR J0348+0432, der es auf 2,01 Sonnen­massen bringt. Wie Luciano Rezzolla, Elias Most und Lukas Weih jetzt zeigten, kann die Maximal­masse von nicht­rotie­renden Neutronen­sternen inner­halb einer Genauig­keit von wenigen Prozent nicht größer als 2,16 Sonnen­massen sein.

Die Grundlage für dieses Ergebnis bildete der vor ein paar Jahren an der Uni Frank­furt er­arbei­tete Ansatz „univer­seller Beziehungen“. Die Existenz dieser „univer­sellen Bezie­hungen“ impli­ziert, dass prak­tisch alle Neutronen­sterne gleich aus­sehen, so dass ihre Eigen­schaften durch dimen­sions­lose Größen aus­ge­drückt werden können. Diese Größen kombi­nierten die Wissen­schaftler mit den Daten der Gravi­ta­tions­wellen und der darauf folgenden elektro­magne­tischen Signale, die im ver­gan­genen Jahr während der Beob­ach­tung von zwei ver­schmel­zenden Neutronen­sternen durch das LIGO-Experi­ment gewonnen wurden. Das machte die Berech­nungen deut­lich ein­facher, da diese unab­hängig von der zugrunde liegenden Zustands­gleichung sind.

Das Resultat ist ein gutes Beispiel für das Zusammenspiel zwischen theore­tischer und experi­men­teller Forschung. „Das Schöne an theore­tischen Studien ist, dass sie Vor­her­sagen treffen können. Die Theorie ist aber zwingend auf Experi­mente ange­wiesen, um einige ihrer Unsicher­heiten zu mini­mieren“, sagt Rezzolla. „Es ist gerade daher so erstaun­lich, dass uns die Beob­ach­tung einer einzigen Neutronen­stern­kolli­sion, die sich Millionen von Licht­jahren ent­fernt ereignet hat, in Kombi­nation mit theo­re­tisch gefundenen univer­sellen Bezie­hungen ermög­licht hat, dieses Rätsel zu lösen.“

Es ist wahrscheinlich, dass künftig mittels Gravitations­wellen­astro­nomie mehrere solcher Ver­schmelzungs­ereig­nisse beob­achtet werden, sowohl in Form von Gravi­ta­tions­wellen als auch in tradi­tio­nelleren elektro­magne­tischen Frequenz­spektren. Dadurch lassen sich vermut­lich die Unsicher­heiten in der maxi­malen Masse weiter redu­zieren und somit auch das Ver­ständnis von Materie unter extremen Bedin­gungen ver­bessern.

GUF / RK

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