Ohne Zerstörung ins Innere eines Fossils geschaut
Internationales Team von Paläontologen und Physikern findet mit neuer Methode ein wichtiges Bindeglied in der Entwicklungsfolge der Wirbeltiere.
Bislang waren Naturforscher darauf angewiesen, Fossilien zu öffnen, um sie untersuchen zu können. Statt die Versteinerung eines 400 Millionen Jahre alten versteinerten kieferlosen Fisches aus der Klasse der Galeaspida zu zerschneiden, untersuchten die Forschenden sie dagegen mit hochenergetischem Röntgenlicht aus der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS) des Paul-Scherrer-Instituts. Somit konnten sie in das Gehirn des Exemplars blicken und den Verlauf der Venen, Nerven und Arterien studieren.
Abb.: Um die künstlerische Darstellung des untersuchten kieferlosen Fisches sind vier Ansichten der tomografischen Rekonstruktion der Hirnschale (dunkelgelb) und der Sinnesorgane (blau, violett) angeordnet. (Bild: P. Donoghue, U. Bristol)
Der Umbau des Gehirns und der Sinnesorgane dürfte den Erfolg der Wirbeltiere, eines der großen Rätsel der Evolutionsbiologie, erklären. Mit dem jetzigen Fund haben die Wissenschaftler jetzt ein Bindeglied zwischen den heute lebenden kiefertragenden Wirbeltieren und den Kieferlosen an der Hand. Die Entstehung von Kiefern und Zähnen ist einer der größten Schritte unserer Evolutionsgeschichte. Bisher hatten Fossilien keine Informationen zu deren Entwicklung geliefert.
Für den Forschungserfolg musste über Jahrzehnte ein tomografisches Mikroskopie-Verfahren entwickelt werden, das zerstörungsfreie dreidimensionale Bilder des Innern des untersuchten Fossils liefern kann, ohne es zu zerstören. So ließ sich ein Computermodell erstellen, das die Wissenschaftler nach Belieben zerschneiden können – ganz ohne das Unikat zu beschädigen. Ohne die ungewöhnliche internationale Kooperation zwischen Paläontologen und Physikern wären diese Arbeiten nicht möglich gewesen.
PSI / OD