02.09.2025

Olga Bokareva knackt die Diels-Alder-Reaktion

Mit Quantenchemie zu nachhaltigen Prozessen – wie das Verhalten von Elektronen über Reaktionen entscheidet.

Chemische Forschung geschieht vielfach über Versuch und Irrtum. Im Labor läuft‘s oft anders als erwartet: die Reaktion stockt oder erbringt zu wenig Produkt. Wissen über die chemischen Eigenschaften der beteiligten Stoffe genügt dann nicht mehr. Stattdessen würden die Forschenden gern tiefer in die Reaktion „hineinschauen“, auf die subatomare Ebene. Das gelingt auch – mittels Hightech-Analytik. Und zunehmend ist auch die Quantenchemie gefragt, die allein durch Berechnung, z.B. des Verhaltens von Elektronen, kritische Momente im katalytischen Prozess aufdeckt. Am LIKAT in Rostock leitet Olga Bokareva diese Arbeiten. Aktuelles Beispiel ist eine neuartige Diels-Alder-Reaktion.

Olga Bokareva, Leiterin der quantenchemischen Forschungen am Leibniz-Institut...
Olga Bokareva, Leiterin der quantenchemischen Forschungen am Leibniz-Institut für Katalyse
Quelle: privat / LIKAT

Steigende Rechenleistung und immer bessere Algorithmen haben die Modellierung chemischer Reaktionen in der Forschung inzwischen unentbehrlich gemacht. „Vor allem dort, wo die Chemie neue Wege beschreitet, etwa um fossile Rohstoffe abzulösen und z.B. durch Abprodukte der Zivilisation zu ersetzen. Oder um das Anwendungsspektrum klassischer und bewährter Verfahren zu erweitern und für nachhaltige Prozesse zu nutzen“, sagt Olga Bokareva, Leiterin einer Nachwuchsgruppe am Leibniz-Institut für Katalyse.

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Als aktuelles Beispiel nennt Bokareva die Diels-Alder-Reaktion. Die hat seit einem dreiviertel Jahrhundert einen festen Platz in der organischen Chemie, insbesondere bei der Synthese medizinischer Wirkstoffe und anderer komplexer Moleküle. Ihre Entdecker erhielten dafür 1950 den Nobelpreis.

Aktuell versuchen mehrere Labore, die Diels-Alder-Reaktion für weitaus komplexere Synthesen als bisher nutzbar zu machen. Am LIKAT gelang dies auf elektrochemischem Wege. Dr. Bokareva erklärt: „Dabei sorgen Elektroden in der Reaktionslösung für einen Stromfluss, der den Prozess antreibt und sehr viel effektiver macht, als bei der klassischen Diels-Alder-Reaktion.“

Robert Francke, wissenschaftlicher Direktor des LIKAT, arbeitete dazu mit Kollegen aus Japan zusammen, und gemeinsam reichten sie ein Paper ein. Nun hatten ihre Experimente ergeben, dass die elektrochemische Diels-Alder-Reaktion mit bestimmten Ausgangsstoffen wunderbar funktioniert, mit anderen hingegen überhaupt nicht. Zu den Ursachen äußerten die Autoren Vermutungen. Doch das Fachmagazin bat um eine detaillierte mechanistische Aufklärung, und zwar mithilfe quantenchemischer Methoden. An dieser Stelle kam die Expertise von Bokareva und ihrem Team ins Spiel. Eine Doktorandin, Yanan Han, übernahm die Arbeiten im Rahmen ihrer Dissertation.

Um den Reaktionsmechanismus zu verstehen, berechnete das Team quantenmechanisch die Energie der Moleküle entlang des Reaktionspfads. Dafür reicht es, Ausgangsstoff und Produkt sowie einige Angaben zu den Reaktionsbedingungen, wie die Temperatur, zu kennen. Solche quantenchemischen Berechnungen liefern keine exakten Werte, sondern Näherungen, erläutert Bokareva. Der aktuelle Zustand einzelner Moleküle ergibt sich als Differenz zwischen ihren Energiezuständen.

 „Wir konnten ein Zwischenprodukt identifizieren, das in einem kritischen Moment des Prozesses entsteht“, sagt Bokareva. Damit die Reaktion weiterlaufen kann, braucht dieses Zwischenprodukt ein zusätzliches Elektron. Diesen Elektronentransfer muss das System energetisch erlauben, und die Forscherinnen konnten dafür konkrete Voraussetzungen im Verhalten der Elektronenwolken nachweisen. Bei den problematischen Substraten fehlten diese Voraussetzungen, und die Reaktion brach ab.

Der Grund für die Störung ist also gefunden, der Nachweis wurde mittlerweile gemeinsam mit den Partnern aus Japan publiziert. Die Arbeit bietet nach den Worten von Dr. Bokareva Ansätze, auch die bisher nicht erfolgreichen Substrate für die elektrochemische Diels-Alder-Synthese nutzbar zu machen. Zum Beispiel, indem man die elektronische Struktur dieser Verbindungen oder auch die elektrochemischen Reaktionsbedingungen verändert. [LIKAT / dre]

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Leibniz-Institut für Katalyse e.V. (LIKAT Rostock)

Albert-Einstein-Straße 29a
18059 Rostock
Deutschland

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