29.07.2014

Optischer Transistor: Aus eins mach zwanzig

Ultrakaltes Quantengas ermöglicht Signalverstärkung für einzelne Photonen.

Glasfaserkabel transportieren heute Daten in Form optischer Signale mit hoher Übertragungsgeschwindigkeit bei gleichzeitig geringem Verlust an Leistung. Die elektronische Datenverarbeitung erfolgt jedoch auch weiterhin mit elektrischen Signalen. Seit langem arbeiten Forscher daran, mit optischen Transistoren und optischen Logikgattern auch die Verarbeitung der Daten rein optisch zu gestalten. Vor allem für die Übertragung von Quanteninformation ist dies von Bedeutung, da hier die Information oft in einem schwachen Lichtpuls, im Grenzfall sogar einem einzigen Photon, gespeichert ist. Gerhard Rempe vom MPI für Quantenoptik und seinem Team ist es nun gelungen, mit einer ultrakalten Wolke aus Rubidium-Atomen einen optischen Transistor zu realisieren, der Signaländerungen von nur einem Lichtquant auf das Zwanzigfache verstärkt.

Abb.: Durch Anregung eines Rydberg-Zustands in einer Wolke aus ultrakalten Rubidium-Atomen reduziert ein einzelnes Photon (roter Wellenzug) die Transmission eines Laserpulses um 20 Lichtquanten. (Bild: MPQ)

Der Grad der Verstärkung ist das entscheidende Leistungsmerkmal eines klassischen Transistors. Er gibt an, wie stark sich Änderungen eines Eingangssignals auf das Ausgangssignal auswirken. Eine nennenswerte Verstärkung ist die Voraussetzung dafür, das Ausgangssignal ohne Signalabschwächung auf mehrere Transistoren zu verteilen und so komplexe digitale Schaltkreise aufzubauen.

Bei einem optischen Transistor ist das Eingangssignal ein Lichtpuls, der Gatter-Puls, der die Durchlässigkeit eines Mediums für einen zweiten Puls, den Target-Puls, bestimmt. Als Medium verwenden Rempe und seine Kollegen in ihrem Experiment eine Wolke aus etwa 150.000 Rubidium-Atomen. Die auf 0,30 Mikrokelvin gekühlte Atomwolke ist dabei mehrere Sekunden lang in einer aus zwei Laserstrahlen gebildeten Dipolfalle gefangen. Der Effekt der elektromagnetisch induzierten Transparenz, bei der ein Kontrolllaser die Wechselwirkung mit dem schwachen Lichtpuls steuert, macht die atomare Wolke für Lichtpulse bestimmter Frequenzen durchlässig.

Die Forscher bestrahlen die atomare Wolke mit zwei Lichtpulsen mit einer Wellenlänge von 795 Nanometern, die in einem Abstand von zwei Mikrosekunden aufeinander folgen. Der Gatter-Puls ist extrem schwach und enthält im Mittel weniger als ein Photon. Zusammen mit dem Kontrolllaser versetzt er ein Atom in einen hochangeregten Rydberg-Zustand, bei dem ein Elektron sehr weit vom Atomkern entfernt ist. Diese einzelne Anregung hat eine weitreichende Wirkung: Allein durch die Gegenwart des Rydberg-Atoms verschieben sich die entsprechenden Energieniveaus aller anderen Atome in dem Quantengas. Der nachfolgende, intensivere Target-Puls hat nun für die Atome nicht mehr die passende Wellenlänge – das Medium ist für ihn also undurchlässig.

Bereits vor einigen Monaten gelang es Rempe und seinem Team, die Lichtdurchlässigkeit einer Wolke aus Rubidium-Atomen mit einzelnen Photonen ein- und auszuschalten. Doch zunächst ließ sich der Effekt nur unter einigen Einschränkungen hinsichtlich Dauer und Intensität des Target-Pulses erzielen. „Die entscheidende Neuerung war eine unterschiedliche Wellenlänge der Kontrollaser von Target-Puls und Gatter-Puls“, erläutert Stephan Dürr, der das Experiment leitet. „So verhindern wir, dass der Target-Puls an den Gatter-Puls koppeln und diesen auslesen kann, selbst bei relativ langen Pulsdauern.“ Zudem wählen die Forscher gezielt Rydberg-Zustände aus, die eine Förster-Resonanz ermöglichen, bei der Anregungsenergie strahlungslos und sehr effizient zwischen benachbarten Atomen übertragen werden kann. Die Förster-Resonanz verstärkt den Effekt der Rydberg-Blockade, außerdem ist bei den gewählten Hauptquantenzahlen für die Rydberg-Zustände auch die Selbstblockade der Photonen in dem Target-Puls kleiner als bei den früheren Experimenten. Insgesamt konnte das Team so die Dauer der Target-Pulse um zwei Größenordnungen auf etwa 200 Mikrosekunden steigern.

Durch Vergleich der Intensitäten der ausgelesenen Target-Pulse mit und ohne Gatter-Puls konnten die Forscher die Reduzierung des Target-Signals bestimmen. Die Förster-Resonanz liefert eine Abschwächung des Target-Signals um 20 Photonen, also eine zwanzigfache Verstärkung des ursprünglichen Signals von nur einem Photon. „Das ermöglicht es, solche Transistoren zu kaskadieren und damit komplizierte Rechenaufgaben auszuführen“, erläutert Dürr. „Darüber hinaus konnten wir dank der hohen Verstärkung bereits jetzt mit einem einzigen Schuss prüfen, ob in der atomaren Wolke eine Rydberg-Anregung abgespeichert ist, und zwar ohne sie zu zerstören.“

MPQ / RK

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