Optomechanische Kopplung eines Nanoröhrchens
Neues System nutzt Ladungsquantisierung für eine Verstärkung.
Physikern der Universität Regensburg ist es gelungen, die Bewegung einer Kohlenstoff-Nanoröhre an einen Mikrowellenresonator zu koppeln – in einem neuartigen, miniaturisierten optomechanischen System. Dabei nützt die Arbeitsgruppe von Andreas K. Hüttel die Ladungsquantisierung als Verstärkereffekt aus. Die Ergebnisse weisen einen vielversprechenden neuen Weg auf, wie man verschiedenste Quantentechnologien auf einem Chip kombinieren kann.
Die Schwingungen eines Makromoleküls wie einer Kohlenstoff-Nanoröhre an ein Mikrowellenfeld zu koppeln, ist normalerweise schwierig weil typische elektromagnetische Wellenlängen, die für Experimente in der Quanteninformationsverarbeitung verwendet werden, im Millimeterbereich liegen. Ein typisches Nanoröhren-Bauelement als mechanischer Resonator oder als Falle für einzelne Elektronen, ist jedoch weniger als einen Mikrometer lang mit zugleich mechanischen Auslenkungen im Nanometerbereich. Diese weit unterschiedlichen Größenordnungen führen dazu, daß die Nanoröhre das elektromagnetische Feld kaum beeinflußt; die Kopplung, die hier erwartet wird, ist minimal.
Eine kontrollierte, optomechanische Kopplung einer Nanoröhre, ohne sie dabei zu großen, unkontrollierten Schwingungsamplituden anzuregen, ist dennoch aus vielerlei Gründen interessant. Eine Kohlenstoff-Nanoröhre ist ein fast perfekter Saitenresonator, der mechanische Energie lange speichern kann. Ihre Schwingungen könnten dazu verwendet werden, Information zwischen unterschiedlichen Quantensystemen zu transferieren und zu übersetzen. Und sowohl einzelne Elektronen im Festkörper als auch supraleitende Mikrowellenschaltkreise zählen zu den weltweit favorisierten Quantencomputer-Architekturen.
Das Regensburger Experiment zeigt, daß die Wechselwirkung zwischen mechanischer Schwingung und elektromagnetischem Feld um einen Faktor 10.000 verstärkt werden kann. Dazu wird die Quantenkapazität verwendet: Elektrischer Strom wird durch einzelne Elektronen getragen. Dabei wird ein sehr kleiner Kondensator – wie eine Nanoröhre – nicht kontinuierlich, sondern in Stufen aufgeladen. Durch die richtige Wahl der Versuchsparameter kann die optomechanische Kopplung kontrolliert und schnell geschaltet werden. „Wir haben jetzt ein dispersiv gekoppeltes optomechanisches System – neuartig und spannend durch die Einzelelektroneneffekte, aber andererseits auch gut erforscht, da weltweit sehr viele theoretische und experimentelle Arbeiten zu größeren optomechanischen Systemen existieren“, sagt Hüttel. „Die Kopplung kann zum Dämpfen der Schwingung verwendet werden, zu hochempfindlicher Bewegungsdetektion, zum Verstärken von kleinen Signalen, oder sogar zur Synthese beliebiger Quantenzustände. Unsere Messungen zeigen, daß die quantenmechanische Kontrolle der Nanoröhren-Schwingung in absehbarer Zukunft erreichbar ist. Damit werden Kohlenstoff-Nanoröhren als Schaltzentrale interessant, die die Kombination verschiedenster Quanteneffekte ermöglicht.“
U. Regensburg / JOL