Paritätsverletzung bei Ytterbium-Atomen
Je mehr Neutronen ein Kern enthält, desto größer ist die Paritätsverletzung.
Ein Spiegelbild gibt den jeweiligen Gegenstand immer komplett gespiegelt wieder und nicht nur einzelne Teile davon oder einzelne Teile in einer völlig verschiedenen Ausrichtung. Dieses Beispiel veranschaulicht ein fundamentales Symmetrieprinzip der Natur. Dass diese Parität erhalten bleibt, galt in der Physik für Jahrzehnte als gegeben – bis zum Jahr 1956. Bei der schwachen Wechselwirkung wurde damals eine Verletzung dieses Prinzips entdeckt. Physikern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist es nun gelungen, die Paritätsverletzung bei Ytterbium-Atomen mit unterschiedlicher Neutronenzahl zu ermitteln. Die Messungen bestätigen erstmals Erwartungen, die auf dem Standardmodell der Teilchenphysik beruhen und Veränderungen in der Paritätsverletzung bei einer unterschiedlichen Anzahl von Neutronen vorhersagen.
Abb.: Dionysis Antypas vor dem Aufbau des Ytterbium-Experiments an der Universität Mainz. (Bild: D. Antypas)
Paritätsverletzungen sind nur für die schwache Wechselwirkung bekannt. Dem Nachweis 1956 bei einem Betazerfall folgte 1979 die Entdeckung auch bei Atomen und in der Folge die Untersuchung unterschiedlicher Elemente. Dmitry Budker startete 1995 an der University of California in Berkeley mit Präzisionsmessungen an dem Element Ytterbium, einem Seltenerdmetall, und brachte 2014 diese Arbeiten mit nach Mainz. „Wir haben mit verschiedenen Ytterbium-Isotopen gearbeitet, also Atomen mit der gleichen Anzahl Protonen, aber unterschiedlich vielen Neutronen im Kern“, erklärt Dionysis Antypas vom Helmholtz-Institut Mainz. „Von sieben Ytterbium-Isotopen haben wir eine Kette von vier Isotopen ausgewählt und fanden die Erwartungen bestätigt: Je mehr Neutronen der Kern enthält, desto größer ist der Effekt der Paritätsverletzung“, sagt Antypas zu den Ergebnissen der vierjährigen Arbeit an dem Projekt.
Der Isotopen-Vergleich bei Ytterbium geht auf einen Vorschlag von Victor Flambaum aus dem Jahr 1986 zurück. Der australische Physiker von der University of New South Wales ist seit zwei Jahren Fellow des Gutenberg Forschungskollegs und arbeitet mit den Mainzer Wissenschaftlern zusammen. Dazu werden die Ytterbium-Atome in Gegenwart eines elektrischen und eines magnetischen Feldes mit Laserlicht angeregt und die Amplitude der Paritätsverletzung gemessen. „Das jetzige Ergebnis ist ein signifikanter Meilenstein bei der Erforschung der atomaren Paritätsverletzung”, fasst Budker die Daten zusammen.
Zudem haben die Wissenschaftler auch Informationen über ein zusätzliches Z-Boson vorgelegt. Z-Bosonen vermitteln die schwache Wechselwirkung und es wird in der Fachwelt darüber spekuliert, ob es noch ein weiteres Z-Boson – bezeichnet als „Z prime“, dessen Masse viel geringer als die des bekannten Z-Bosons ist – gibt oder nicht. Die künftigen Aufgaben sehen Budker und Antypas vor allem darin, die Verteilung von Neutronen im Ytterbium-Atomkern zu messen und die schwache Wechselwirkung zwischen den Nukleonen des Ytterbiumkerns zu studieren.
JGU Mainz / JOL