30.07.2018

Partikel sortieren mit 3D-Bilddaten

Mit Mikrofluidik und neuronalem Netzwerk lassen sich Pollen zuverlässig unterscheiden.

Ein minia­turisiertes Labor auf einem Chip ermöglicht hochauf­gelöste Mikroskopie­aufnahmen von mehreren Tausend Pollen­partikeln innerhalb weniger Sekunden. Neuronale Netzwerke übernehmen die Bildver­arbeitung und klassi­fizieren die Partikel schnell und zuver­lässig. Andreas Kleiber vom Leibniz-Institut für Photo­nische Tech­nologien Jena (Leibniz-IPHT) hat die Methode an ver­schiedenen hoch­allergenen Pollen­arten getestet. Für seine Ergebnisse, die er während des „3rd Imaging Technology Summer Workshops dedicated to Big Data in Imaging“ präsen­tierte, zeichnete ihn die European Society for Molecular Imaging mit dem Posterpreis aus.

Abb.: Die besondere Anordnung der mikrofluidischen Kanäle erlaubt es, alle Partikel in der Fokusebene auszurichten. (Bild: A. Kleiber, Leibniz-IPHT)

In dem briefmarken­großen Chip strömen in einem schmalen Kanal bis zu eintausend Pollen pro Sekunde an einem Sicht­fenster vorbei. Eine Digital­kamera erfasst durch ein Mikroskop-Objektiv jedes einzelne der winzigen Körnchen. Um scharfe Aufnahmen für die an­schließende Daten­verarbeitung zu erhalten, müssen alle unter­suchten Partikel den Flüssigkeits­kanal innerhalb der Fokusebene des Objektivs durch­fließen. Die Höhe dieser Fokus­ebene beträgt bei den verwendeten, hochauf­lösenden Objektiven weniger als ein Hundertstel Milli­meter. Die techno­logische Heraus­forderung meisterten die Wissen­schaftler mittels eines ausge­klügelten Designs der Bauteile in dem mikro­fluidischen Chip. Das patentierte Verfahren ermöglicht die Pollen­körnchen exakt in der Fokusebene auszu­richten und so scharfe Aufnahme aller Objekte zu erhalten.

„Wie bei einer Düse drücken wir mit zwei Flüssig­keitsströmen von den Seiten den Partikel­strom zu einer Schicht zusammen. Eine neuartige Anordnung der Mikro­kanäle dreht die Schicht um 90° in die Fokus­ebene“, erklärt Andreas Kleiber die Tech­nologie. Der Wissen­schaftler forscht im Rahmen seiner Doktor­arbeit am Leibniz-IPHT an neuen Methoden zur Hochdurch­satzanalyse von Biopartikeln mittels mikro­fluidischer Chips. Das Prinzip der hydro­dynamischen Fokussierung ist aus der Durchfluss­zytometrie zur Analyse von Zell­populationen bekannt. Dabei werden die Zellen so fokussiert, dass sie die Messzelle entlang einer Linie, also im Gänsemarsch, durchlaufen. „Neu in unserem System ist, dass wir die Partikel in einer dünnen, zweidimen­sionalen Lamelle anordnen und dadurch das gesamte Bildfeld der Kamera nutzen. Das macht das Verfahren schnell“, so Kleiber.

Die Forscher können die hori­zontale Position und Dicke der Partikel­schicht genau steuern. Damit sind sie in der Lage die Pollen in dem Strom kontrol­liert rotieren zu lassen. „Mit den aus der Computer­tomografie bekannten Verfahren können wir 3D-Bilddaten erzeugen, die wichtige Infor­mationen etwa über die dreidimen­sionale Morphologie eines Pollen­korns liefern. Die 3D-Information verbessert die Zuver­lässigkeit der Pollen­identi­fizierung noch einmal deutlich“, sagt Kleiber. Die Bilder der verschiedenen Pollen­arten wertet der Forscher mit Programmen zur Partikel­verfolgung und Merkmal­auswahl aus. Ein zuvor angelerntes neuronales Netzwerk ordnet die Aufnahmen anhand der extra­hierten Daten einer bestimmten Pollenart zu. Die Treffer­genauigkeit beträgt über 98 Prozent.

Die Pollen, die aus der Forschungs­gruppe Raumklima­tologie des Universitäts­klinikums Jena stammen, klassi­fizierten die Forscher ohne zusätz­liche Färbung, lediglich anhand der Bildinfor­mationen aus der Mikro­skopie. „Wir können die Methode zudem für die Analyse von Zellen anwenden – beispiels­weise zur Unter­scheidung der Subtypen von weißen Blutzellen“, betont Thomas Henkel, der diese Forschungs­arbeiten am Leibniz-IPHT leitet. „Zukünftig soll es mit unserem Chip möglich sein Biopartikel zu sortieren“, so Henkel über die geplanten Forschungs­arbeiten, die im Rahmen des Era-NET-DLR Projekts „WaterChip“ von der EU gefördert werden.

IPHT / JOL

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