04.03.2010

Perfekt fokussiert durch Unordnung

Ungeordnete Schichten bündeln optimierte Lichtwellenfronten weit unterhalb der Beugungsgrenze.

Ungeordnete Schichten bündeln optimierte Lichtwellenfronten weit unterhalb der Beugungsgrenze.

Inhomogene und trübe Medien schränken die Möglichkeiten optischer Geräte normalerweise stark ein. Versucht man z. B. mit einer Linse einen Lichtstrahl in einer trüben Flüssigkeit zu fokussieren, so wird das Licht gestreut und der Strahl weitet sich auf, statt sich zu bündeln. Der zerstreuenden Wirkung eines trüben Mediums kann man jedoch entgegenwirken, indem man die Wellenfronten des einfallenden Lichts in der richtigen Weise moduliert. So war es Forschern von der Universität Twente vor zwei Jahren gelungen, eine ungeordnete und undurchsichtig erscheinende Schicht mit phasenoptimiertem Licht zu durchstrahlen. Jetzt haben sie gezeigt, dass man mit Unordnung das Licht sogar besser fokussieren kann als ohne.

Abb: Linse und ungeordnete Schicht (b) bündeln das phasenoptimierte Licht besser als die Linse alleine (a). (Bild: I. M. Vellekoop et al., Nature Photonics)

Ivo Vellekoop und seine Kollegen haben zunächst untersucht, wie gut man mit einer Linse von f1=200 mm Brennweite den orangen Lichtstrahl eines Helium-Neon-Lasers (λ=632 nm) bündeln kann. Dazu haben sie den Strahl hinter der Linse durch eine D1=2,1 mm weite Blende geführt und ihn dann in der Brennebene der Linse mit einer CCD-Kamera aufgefangen. Es zeigte sich, dass der Fokus einen Durchmesser von 76 µm hatte und damit etwas größer war als w=62 µm, der durch die Beugungsgrenze gegebene Wert (w=1,03 λf1/D1). Die Fokussierung war also nicht optimal.

Anschließend brachten die Forscher zwischen Blende und CCD-Kamera eine 6 µm dicke ungeordnete Schicht aus weißer Farbe in den Lichtstrahl. Die Farbschicht streute das hindurchgehende Licht und es entstand ein Specklemuster, das von der Kamera aufgefangen wurde. Von einem Brennfleck war nichts mehr zu sehen. Wie schon in ihrem früheren Experiment haben die Forscher dann den Laserstrahl vor der Linse durch einen Phasenmodulator geschickt. Der Modulator enthielt 64×64 Segmente, die einzelnen über einen evolutionären Feedback-Algorithmus gesteuert werden konnten.

Die Forscher wählten ein bestimmtes Pixel der CCD-Kamera aus, auf das das Laserlicht gebündelt werden sollte. Der evolutionäre Feedback-Algorithmus variierte die Einstellung des Phasenmodulators so lange, bis das Licht tatsächlich fokussiert war und das 6,45 µm × 6,45 µm große Pixel im Zentrum des Brennflecks lag. Als nun Vellekoop und seine Kollegen die ungeordnete Schicht langsam zur Kamera hin verschoben, nahm die Breite des Brennflecks stetig ab. Schließlich war der Fleck nur noch so groß wie das Pixel, seine Breite war somit zehnmal kleiner als der durch die Beugungsgrenze bestimmte Wert.

Wie die Analyse des Experiments zeigte, war die verringert Größe des Brennflecks mit einer effektiven Beugungsgrenze im Einklang, der zufolge w=1,03 λf2/D2 galt. Dabei war f2 der Abstand von der ungeordneten Schicht zur Kamera, während D2 der Durchmesser des Lichtflecks war, den der gebündelte Laserstrahl auf der Schicht erzeugte. Die ungeordnete Schicht wirkte also wie eine Linse mit der Brennweite f2 und einem Blendendurchmesser D2. Die in Abhängigkeit von f2 gemessenen Fokusdurchmesser zeigten, dass diese „ungeordnete Linse“ das Licht stets exakt im Einklang mit der effektiven Beugungsgrenze fokussierte. Der Fokus hatte immer optimale Schärfe.

Eine weitere Überraschung gab es, als die Forscher untersuchten, wie die Lichtintensität in einem etwa 30 µm großen Brennfleck verteilt war, den die ungeordnete Schicht auf der in diesem Fall 10 cm entfernten Kamera erzeugt hatte. Die normierte Intensitätsverteilung stimmte nahezu exakt mit der Autokorrelationsfunktion des Specklemusters überein, das man für den ursprünglichen, nicht phasenmodulierten Laserstrahl nach Passieren der ungeordneten Schicht in der Brennebene erhalten hatte. Die Forscher konnten zeigen, dass ihre experimentellen Ergebnisse völlig im Einklang waren mit den Vorhersagen der Theorie der Lichtausbreitung in ungeordneten Medien. Eine verbesserte Fokussierung durch Unordnung hatte schon man früher für Schallwellen sowie Mikro- und Radiowellen beobachtet und z. B. in der mobilen Kommunikation genutzt. Dass sich jetzt auch sichtbares Licht auf diese Weise verbessert bündeln lässt, eröffnet neuartige Anwendungsmöglichkeiten z. B. für die Mikroskopie inhomogener Medien.

RAINER SCHARF

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