Perspektive statt Befristung
Eine Petition gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse an Hochschulen wurde dem BMBF übergeben.
Eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen ist oft mit einem hohen Risiko verbunden. Ein Großteil der Jungwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler muss sich von einem Kurzzeitvertrag zum nächsten hangeln. Dazu kommt, dass man spätestens nach 12 Jahren eine unbefristete Stelle gefunden haben muss, denn das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, kurz WissZeitVG, erlaubt darüber hinaus keine weitere befristete Anstellung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Nach einer 2011 veröffentlichten HIS-Studie zur „Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes“ befanden sich 2009 rund 83 Prozent der hauptberuflich tätigen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis, und rund die Hälfte davon musste mit einer Vertragslaufzeit von unter einem Jahr leben.
Anfang März 2014 hat der Braunschweiger Physiker Sebastian Raupach die Petition „Perspektive statt Befristung“ ins Leben gerufen, die sich für sichere Beschäftigungsverhältnisse und verlässliche Berufsperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs einsetzt. Mittlerweile haben rund 25000 Personen diese Petition unterzeichnet, die Raupach zusammen mit der Physikerin Wiebke Drenckhan aus Paris und dem Sozialwissenschaftler Jan-Christoph Rogge aus Berlin am 17. März an Vertreter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) übergab.
Die Unterzeichner appellieren an Bundesforschungsministerin Johanna Wanka und Vizekanzler Sigmar Gabriel, den Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse in Wissenschaft und Technik zu begrenzen und die Zahl unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse deutlich zu erhöhen. Das solle den Wissenschaftsinstitutionen die Möglichkeit und den Auftrag geben, als verantwortliche Arbeitgeber zu agieren, heißt es in der Petition.
Dafür solle insbesondere das Wissenschaftszeitvertragsgesetz weiter entwickelt werden, beispielsweise durch eine differenzierte Begrenzung der Anteile für befristete Stellen, etwa 30 Prozent im wissenschaftlichen und 15 Prozent im nichtwissenschaftlichen Bereich wie der technischen Infrastruktur.
Weitere Forderungen betreffen die Projektförderung des Bundes, die primär durch befristete Sach- und nicht durch befristete Personalmittel stattfinden sollte, und die Ressortforschung, die in Bezug auf Zahl und Anteil unbefristeter Arbeitsverhältnisse eine Vorbildfunktion einnehmen könnte. Ressortforschung umfasst Forschungseinrichtungen, die anderen Ministerien als dem BMBF zugeordnet sind wie das Robert-Koch-Institut, das Umweltbundesamt oder die PTB.
Die Regelungen des WissZeitVG sollten zudem die unterschiedlichen Funktionen von Hochschulen gegenüber außeruniversitären Einrichtungen abbilden und danach differenzieren. Insbesondere seien letztere nicht primär als Ausbildungsstätten anzusehen, sondern als wesentlicher Teil des wissenschaftlichen Arbeitsmarktes.
Eine weitere Kopie der Petition nahmen Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion entgegen, die im Juni 2014 ein Eckpunktepapier zum WissZeitVG vorgelegt hatte. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat im Januar dieses Jahres einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt. Beratungen über eine Novellierung des Gesetzes sind im Gange.
Alexander Pawlak