13.03.2017

Photonen im Magnetfeld

Eichpotenziale erlauben indirekte Kontrolle der Lichtteilchen.

Licht­teilchen reagieren normaler­weise nicht auf Magnet­felder. Forscher der Eidge­nössischen Tech­nischen Hochschule Zürich ETHZ haben jetzt gezeigt, wie man Photonen dennoch mit elek­trischen und magne­tischen Feldern beein­flussen kann. In Zukunft könnten mit dieser Methode starke künst­liche Magnet­felder für Photonen erzeugt werden. In der Informations­technologie gibt es eine recht klare Arbeits­teilung zwischen Photonen, mit denen man Daten schnell und zuver­lässig über weite Distanzen überträgt, und Elektronen, die in den Computer­chips die Daten­verarbeitung übernehmen. Dass man Photonen nicht für die Datenver­arbeitung verwendet, liegt unter anderem daran, dass sie sich nicht so leicht steuern lassen wie Elektronen. Da sie keine elek­trische Ladung besitzen, kann man sie nicht ohne Weiteres mithilfe von elek­trischen oder magne­tischen Feldern kontrol­lieren. ETH-Forscher um Ataç Imamolu am Institut für Quanten­elektronik haben nun in einem Experiment gezeigt, wie man künst­liche Magnet­felder erzeugen und so über Umwege Photonen dennoch steuern kann.

Abb.: Photonen sind eigentlich unempfindlich gegenüber Magnetfeldern. Wenn sie sich in bestimmten Festkörpern bewegen, können sie jedoch mit elektrischen und magnetischen Feldern beeinflusst werden. (Bild: Colourbox / Montage J. Kuster)

Zwar ist es unmöglich, Photonen eine tatsäch­liche elek­trische Ladung zu geben, doch man kann ihnen vorgaukeln, sie hätten eine. Seit einigen Jahren beispiels­weise entwickeln Forscher Materia­lien, deren op­tische Eigen­schaften während der Herstellung derart gestaltet werden, dass sich die Photonen darin so bewegen, als „fühlten“ sie ein elek­trisches oder magne­tisches Feld. Der Nachteil dieser Technik besteht allerdings darin, dass man die so herbei­geführten künst­lichen Felder nicht oder zumindest nicht sehr schnell verändern kann. Genau dies wäre aber nötig, wenn man mit Photonen etwa Computer oder andere Bauteile in der Informations­technik kon­struieren will.

„Unser Ansatz beruht nicht auf einer ausge­feilten Struktur des optischen Materials“, erklärt Emre Togan aus Imamolus Forschungs­­gruppe, „sondern auf der Nutzung von Polari­tonen”. Wenn Photonen in ein Material eindringen, dessen Elektronen sich von den Licht­wellen polari­sieren lassen, so bilden sie Polari­tonen, aneinander gekop­pelte Licht- und Polarisierungs­wellen. Letztere sind auch als Exzitonen bekannt, in denen ein Elektron und ein Loch durch die elek­trische Anziehungs­kraft aneinander gebunden sind. Photonen, die sich im Vakuum frei ausbreiten würden, werden in Polari­tonen umgewandelt und ziehen die Exzi­tonen gleichsam hinter sich her, wenn sie sich in dem Halb­leiter fortbewegen. Die eigentlich gegenüber elektro­magne­tischen Feldern unempfind­lichen Photonen können nun indirekt beein­flusst werden, indem man das von Imamolu verwendete Halbleiter­material elek­trischen und magne­tischen Feldern aussetzt.

„Der kombinierte Effekt der elek­trischen und magne­tischen Felder auf die Polari­tonen führt dann zu einem Eich­potenzial“, fasst Hyang-Tag Lim zusammen, der in Imamolus Labor als Post­doktorand arbeitet. Ver­gleichbar ist ein solches Eich­potenzial mit einer kippbaren Hebebühne. Stellt man ein Fahrzeug auf eine solche Bühne und fährt diese hoch, so ändert sich die poten­zielle Energie des Fahrzeugs, wegrollen wird es aber nicht. Erst wenn man die Bühne kippt und so einen Höhenunter­schied entlang der Bühne erzeugt, wird das Fahrzeug sich bewegen. Auf ähnliche Weise bildet ein Eich­potenzial erst dann ein effektives magne­tisches Feld, wenn es sich räumlich ändert.

In ihrem Experiment ist es Imamolu und seinen Mitar­beitern in einem ersten Schritt gelungen, ein konstantes Eich­potenzial für die Photonen zu erzeugen. Um dieses Potenzial nachzuweisen, bauten die Forscher ein Miniatur-Inter­ferometer. In einem Inter­ferometer spaltet man dazu Licht zunächst in zwei Strahlen auf, die sich dann zum Beispiel in unter­schiedlichen Materialien ausbreiten. Danach werden die Strahlen wieder zusammen­geführt, und die daraus resul­tierende Interferenz wird am Ausgang des Inter­ferometers gemessen. Aus dem Interferenz­muster konnten die Physiker schliessen, dass auf die Photonen im Halbleiter­material tatsächlich ein Eich­potenzial wirkte. „Das Schöne daran ist, dass wir dieses Eich­potenzial mithilfe der Felder beliebig kontrol­lieren können“, sagt Imamolu. Obwohl die ETH-Forscher Photonen in einem Halbleiter­material benutzten, ist die Methode, die sie jetzt demonstriert haben, sehr allgemein. Sie ist auf jedes System anwendbar, in dem Photonen stark an ein polari­sierbares Medium gekoppelt sind, wie etwa ein Gas aus Rydberg-Atomen.

Demnächst wollen die Forscher daran arbeiten, noch stärkere Eich­potenziale zu realisieren, die räumlich variieren und mit denen in Zukunft sehr grosse künst­liche Magnet­felder für Photonen erzeugt werden könnten. Damit könnten dann mit Photonen auch Phänomene untersucht werden, die für gewöhnlich nur mit Elektronen unter dem Einfluss starker Magnet­felder zu beo­bachten sind, wie etwa der Quanten-Hall-Effekt.

ETHZ / JOL

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