01.06.2010

Photonengas à la carte

Forscher stellen eine Art Photonengas her, das seine Farbe mit der Temperatur ändert, ohne dass dabei die Lichtmenge variiert.

Photonengas à la carte

Forscher stellen eine Art Photonengas her, das seine Farbe mit der Temperatur ändert, ohne dass dabei die Lichtmenge variiert. Das Prinzip lässt sich möglicherweise nutzen, um die Ausbeute von Solarzellen zu erhöhen. 

  

Physiker der Universität Bonn haben eine Art Gas aus Lichtteilchen hergestellt, das seine Farbe mit der Temperatur ändert, ohne dass dabei die Lichtmenge variiert. Das Funktionsprinzip lässt sich eventuell nutzen, um Sonnenlicht unabhängig vom Sonnenstand auf einen festen Punkt zu bündeln. So ließe sich die Ausbeute von Solarzellen erhöhen, ohne dass man sie mittels Motoren zur Sonne ausrichten müsste.

Abb.: Prinzip des Aufbaus: zwischen den zwei gegenüberliegenden gewölbten Spiegeln ist eine Farbstofflösung eingeschlossen an denen die Photonen gestreut werden. (Bild: Universität Bonn)

Die Forscher nutzten in ihrem Experiment gewölbte Spiegel mit extrem hohem Reflexionsvermögen. Zwischen den zwei gegenüberliegend ausgerichteten Spiegeln war eine flüssige Farbstofflösung eingeschlossen. Die eingestrahlten Photonen streuen oft an den Farbstoffmolekülen, was dazu führt dass das Photonengas eine optische Frequenzverteilung erwirbt deren Breite durch die Raumtemperatur gegeben ist. "Unter diesen Umständen konnten wir ein neuartiges Photonengas mit ungewöhnlichen Eigenschaften erzeugen", erklärt der Bonner Laserphysiker Martin Weitz.

Da die nahe beieinander liegenden Spiegel zu einem starken Einschluß entlang der longitudinalen Achse führen, können die Photonen in ihrer Frequenz nicht kleiner werden als eine bestimmte Abschneidefrequenz, die in Energieeinheiten ausgedrückt bei 2,1 eV liegt (gelber Spektralbereich). Die longitudinale Mode des Lichts im Resonator ist fest und die beiden transversalen Modenfreiheitsgrade thermalisieren mit der Temperatur der Farbstofflösung. Damit sind die optischen Frequenzen in Energieeinheiten um eine thermische Energie (1/40 eV bei Raumtemperatur) oberhalb der Abschneidefrequenz angeordnet.

  

Die Farbe dieses Gases ändert sich mit der Umgebungstemperatur. Ähnliches kennt man vom Wolfram-Wendel einer Glühbirne: Bei hohen Temperaturen leuchtet die Birne weiß. Reduziert man jedoch mit einem Dimmer die Stromstärke und senkt dadurch die Temperatur, verändert sich die Farbe ins Rötliche. Gleichzeitig wird die Birne dunkler. Bei noch niedrigeren Temperaturen leuchtet sie dann plötzlich gar nicht mehr. Anders als bei der bekannten Planck'schen Schwarzkörperstrahlung erfolgt die Thermalsierung des Photonengases in dem Experiment teilchenzahlerhaltend, das heisst die Lichtmenge ändert sich nicht, wenn die Temperatur kleiner oder größer wird. "Die Lichtintensität bleibt immer gleich. Das ist ähnlich, als würden sie eine mit Luft gefüllte Flasche in den Kühlschrank stellen: Die Luftmoleküle werden zwar ‚kühler' und damit langsamer, ihre Menge bleibt aber konstant. In ähnlicher Weise kühlen wir die Lichtteilchen." erklärt Weitz. Die Photonen des zweidimensionalen Gases bekommen also in dem Aufbau ein von Null verschiedenes chemisches Potential, bei der Planck'schen Schwarzkörperstrahlung ist das chemische Potential hingegen gleich Null.

 

Abb.: Foto des Lichts aus der Apparatur: Gelbes Licht ist hier in der Mitte konzentriert, während das höherenergetischere grüne Licht weiter aussen zu finden ist. (Bild: Universität Bonn)

Die von den Bonner Forschern entwickelte Methode lässt sich eventuell nutzen, um Sonnenlicht wie mit einem Brennglas zu konzentrieren. "Stellen Sie sich ein mit Licht gefülltes Sektglas vor, das nach unten hin spitz zuläuft", sagt Weitz. "Je kälter das Licht ist, desto weiter unten kommt es in diesem Sektglas zu liegen und desto konzentrierter wird es." Dieser Effekt ist unabhängig von der Richtung, aus der das Licht einfällt: Die Konzentration erfolgt immer am selben Ort. Eine Linse hingegen muss ständig nach dem Stand der Sonne ausgerichtet werden, damit ihr Brennpunkt an derselben Stelle bleibt.

Indem man das Licht kühlt und so konzentriert, könnte man also eventuell die Ausbeute von Sonnenkollektoren und Solarzellen erhöhen, ohne dazu eine komplizierte "Nachführmechanik" zu benötigen. "Außerdem funktioniert unsere Methode auch bei diffusem Licht, also etwa bei bewölktem Himmel", sagt Weitz.

Kühlt man sehr viele Photonen stark herunter, kann man die Lichtteilchen eventuell sogar so stark konzentrieren, dass sie ein Bose-Einstein-Kondensat bilden. Damit ließen sich möglicherweise UV-Lichtquellen konstruieren, die ähnliche Eigenschaften wie Laserlicht aufweisen. Derartige UV-Quellen würden sich beispielsweise zur Herstellung von Computerchips mit besonders feinen Strukturen eignen.

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn/Martin Weitz/KP

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