Photonik mit Materiewellen
Bosonische Atome wurden spontan in einem Lichtgitter emittiert.
Mit ultrakalten Atomen in Lichtgittern lassen sich viele Quantenprozesse nachbilden und unter Idealbedingungen studieren. Jetzt hat man die spontane Emission von Photonen mit bosonischen Atomen simuliert, deren Materiewellen dabei spontan abgestrahlt wurden.
Abb.: Das im Potentialtopf gefangene „rote“ Atom wandelt sich in ein frei bewegliches „blaues“ um, dessen Impulsverteilung (s. unten) um zwei Werte konzentriert ist. Es wird somit spontan eine Materiewelle emittiert. (Bild: L. Krinner et al., Springer Nature)
Die spontane Emission eines Lichtquants durch ein Atom ist ein fundamentaler Prozess der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie. Sie kommt durch Kopplung eines angeregten atomaren Zustands an das Modenkontinuum des elektromagnetischen Vakuums zustande. Dies führt normalerweise zum exponentiellen Zerfall des angeregten Zustands mit einer bestimmten Lebensdauer sowie zu einer endlichen Linienbreite der abgegebenen Strahlung.
Das Strahlungsverhalten eines Atoms ändert sich jedoch grundlegend, wenn das Spektrum der Strahlungsmoden des Vakuums eingeschränkt ist wie in einem photonischen Kristall. Fällt die Anregungsfrequenz des Atoms in eine Bandlücke des Kristalls, so kann es nicht strahlen und die spontane Emission wird unterdrückt. Steht nur eine einzelne Mode zur Verfügung, so kann die Anregung periodisch zwischen ihr und dem Atom hin und her wechseln.
Unter bestimmten Bedingungen kommt es zu einem Überlagerungszustand, bei dem das Atom gleichzeitig angeregt und abgeregt ist, wobei die Anregungsenergie als evaneszente, räumlich schnell abklingende Welle abgegeben wird, die an das Atom gebunden bleibt. Diese exotischen Formen bzw. Beschränkungen der spontanen Emission haben jetzt Forscher um Dominik Schneble von der Stony Brook University mit atomaren Materiewellen statt Lichtwellen untersucht.
Sie haben ultrakalte bosonische Rubidium-87-
Dies führte dazu, dass den in einer Dimension frei beweglichen „blauen“ Atomen ein ganzes (nach oben und unten beschränktes) Kontinuum von Zuständen mit unterschiedlichen Impulsen zur Verfügung stand. Die lokalisierten „roten“ Atome waren an bestimmte Zustände in diesem Kontinuum gekoppelt, in die sie übergehen konnten. Dabei wurde ein „rotes“ Atom zu einem beweglichen „blauen“, d. h. es wurde spontan eine Materiewelle emittiert.
Durch die variable Frequenzverstimmung der Zustände (rot) und (blau) konnten die Forscher regulieren, welche Energie die „roten“ Atome relativ zum „blauen“ Zustandskontinuum hatten. Lag ihre Energie mitten im Kontinuum, so zerfiel die „rote“ Population exponentiell, wie man es für die Spontanemission erwartet. Bei diesem Markov-
Wurde die Verstimmung der beiden Zustände (relativ zur Kopplungsstärke) immer kleiner gemacht, sodass die „roten“ Atome an Zustände am unteren Ende des Kontinuums koppelten, so machte sich diese Beschränkung der zur Verfügung stehenden Zustände bemerkbar. Jetzt zerfiel die Population der „roten“ Atome nicht mehr exponentiell, sondern sie zeigte gedämpfte Schwingungen. Bei diesem Nicht-
Noch exotischer verhielten sich die „roten“ Atome, wenn ihre Anregungsenergie unterhalb der Unterkante des Kontinuums lag. In diesem Fall erwartet man, dass die Atome sowohl in einem „roten“ als auch in einem „blauen“ Zustand sind, letzterer aber um das Atom herum lokalisiert ist und räumlich exponentiell abfällt. Auch in diesem Fall zeigte die Population der „roten“ Atome abklingende Oszillationen. Allerdings verblieb sie auf einem Wert nahe 1. Bei diesem fraktionellen Zerfall emittierte nur ein kleiner Teil der „roten“ Atome Materiewellen, die dann als evaneszente Wellen an die Atome gebunden blieben.
Das von Dominik Schneble und seinen Kollegen entwickelte Verfahren ermöglicht es, exotische Zerfalls- und Emissionsprozesse auch in zwei und drei Raumdimensionen zu untersuchen. Da die Atome im Gegensatz zu Photonen direkt miteinander wechselwirken, kann man auf diesem Wege auch zusätzliche nichtlineare Effekte untersuchen, die die Dynamik der atomaren Populationen beeinflussen.
Rainer Scharf
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