27.04.2016

Photovoltaik mit Elektronenspins

Effekt liefert schnell und ohne große Energie­ver­luste einen Spin­strom für spin­tro­nische An­wen­dungen.

Beim herkömmlichen photovoltaischen Effekt regen Photonen die Elek­tronen in einem Halb­leiter aus dem Valenz- in das Leitungs­band an, wobei positiv geladene Löcher im Valenz­band zurück­bleiben. Ein p-n-Über­gang im Halb­leiter sorgt dann dafür, dass die Elek­tronen im Leitungs­band und die Löcher im Valenz­band zu unter­schied­lichen Elek­troden wandern. Zwischen den Elek­troden baut sich darauf­hin eine elek­trische Spannung auf, die in einem äußeren Strom­kreis genutzt werden kann. Bei der spin­tro­nische Form des photo­volta­ischen Effekts werden mit Hilfe der Photonen­energie Ladungs­träger nicht nach ihrem Ladungs­vor­zeichen von­ein­ander getrennt, sondern nach ihrer Spin­richtung. Ein Forscher­team aus den USA hat dieses Phänomen jetzt erstmals im Expe­riment beobachtet.

Abb.: Das einfallende Licht regt in der Platin­schicht (Pt) nahe dem magne­ti­sierten Iso­lator (MI) bevor­zugt Elek­tronen an, deren Spins gegen die Magne­ti­sierungs­richtung zeigen. Sie und die eben­falls spin­pola­ri­sierten Löcher diffun­dieren in der Pt-Schicht, doch nach etwa 0,5 Nano­metern haben die Elek­tronen ihre Pola­ri­sation ver­loren, so­dass nun die Löcher einen Spin­strom ver­ursachen. (D. Ells­worth et al. / NPG)

Durch den photospinvoltaischen Effekt entsteht schnell und ohne große Energie­verluste ein Spin­strom, den man in der Spin­tronik nutzen könnte, die mit Spins statt mit elek­trischen Ladungen arbeitet. Spin­ströme lassen sich auch mit dem in seinen verschie­denen Varianten intensiv erfor­schten Spin-Seebeck-Effekt erzeugen, bei dem ein Tempe­ratur­gefälle in einem Ferro­magneten zur Spin­trennung führt. Hin­gegen spielen beim photo­spin­volta­ischen Effekt, der in normalen Metallen wie Platin auf­tritt, Tempe­ratur­gradienten nur eine unter­geord­nete Rolle.

Die Forscher um Mingzhong Wu von der Colorado State Uni­versity in Fort Collins und Ruqian Wu von der Uni­versity of California in Irvine haben den PSV-Effekt an einer Schicht­struktur beob­achtet, die aus einer knapp fünf Mikro­meter dicken Lage des magne­tischen Nicht­leiters Yttrium-Eisen­granat YIG bestand, die wiederum von einer 2,5 Nano­meter dicken Platin­schicht bedeckt war. Ein Magnet­feld von 1090 Oersted parallel zur Schicht­ebene richtete die magne­tischen Momente in der YIG-Schicht aus, wodurch die Band­struktur der Platin­schicht ver­ändert wurde. Das zeigte sich als die Forscher die Schicht­struktur mit dem Licht einer 100-Watt-Halogen­lampe bestrahlten.

Aufgrund der Magnetisierung der YIG-Schicht regten die Photonen in der Platin­schicht bevor­zugt solche Elek­tronen vom Valenz- ins Leitungs­band an, deren Spin gegen die Magne­ti­sierungs­richtung zeigte. Diese Elek­tronen und die dazu gehörigen Löcher diffun­dierten in der Platin­schicht nach oben, also von der YIG-Schicht weg. Dabei entstand zunächst noch kein Spin­strom, da die Elek­tronen und die Löcher ein­ander ent­gegen gerichtete Spins hatten. Die Elek­tronen ver­loren ihre Spin­aus­richtung jedoch viel schneller als die Löcher, sodass diese, nachdem sie etwa 0,5 Nano­meter zurück­gelegt hatten, einen merk­lichen Spin­strom in Magne­ti­sierungs­richtung ver­ursachten.

Diesen Spinstrom wiesen die Forscher indirekt mit Hilfe des inversen Quanten-Spin-Hall-Effekts nach. Dabei werden die sich bewegenden spin­pola­ri­sierten Ladungs­träger – in diesem Fall die Löcher – bevor­zugt in eine bestimmte Richtung gestreut und abge­lenkt, wo­durch eine elek­trische Spannung aufge­baut wird. Für die unter­suchte Schicht­struktur, die mit der 100-Watt-Lampe im Abstand von 29 Zenti­metern bestrahlt wurde, traten Spannungen von etwa 0,2 Mikro­volt auf.

Wurde die Magnetisierungsrichtung der YIG-Schicht umge­dreht, so drehte sich auch die Spin­richtung der Löcher um und mit ihr die Richtung des erzeugten Spin­stroms. Das ließ sich daran erkennen, dass die gemessene elek­trische Spannung ihr Vor­zeichen um­kehrte. Da die Spannung praktisch sofort mit Ein­schalten der Lampe auf­trat, konnten Tempe­ratur­gradienten, die sich in der Schicht erst mit einer merk­lichen Zeit­ver­zögerung auf­bauten, für die Erzeugung des Spin­stroms nicht verant­wortlich sein. Dafür sprach auch die Tat­sache, dass die gemessene elek­trische Spannung nicht ihr Vor­zeichen änderte, wenn die Schicht­struktur von unten durch die YIG-Schicht belichtet wurde statt von oben durch die Platin­schicht. In diesem Fall kehrte sich das Tempe­ratur­gefälle in der Schicht­struktur um, nicht jedoch der Spin­strom.

Die Forscher wiederholten ihre Experimente mit einer weißen LED-Lampe und auch mit der Halogen­lampe, aus deren Licht bestimmte Wellen­längen­bereiche gefiltert wurden. So konnten sie zeigen, dass der PSV-Effekt in der verwen­deten Schicht­struktur nur von Licht hervor­gerufen wurde, dessen Wellen­länge zwischen 1600 und 2000 Nano­metern lag. Der PSV-Effekt sollte auch für andere Metalle auf­treten, die eine spin­abhängige optische Elek­tronen­anregung auf­weisen, wie Palladium, Wolfram oder Iridium – nicht jedoch Kupfer. Mögliche Anwen­dungen des neuen Effekts sind licht­basierte Spin­batterien, Magne­ti­sierungs­sensoren oder Bau­elemente für die optische Spin­tronik.

Rainer Scharf

RK

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