21.08.2013

Physiker messen Tripelpunkt im Festkörper

Zwei isolierende und eine metallisch-leitende Phase treffen in Vanadiumoxid aufeinander.

An einem Tripelpunkt können gleich drei verschiedene Phasen parallel im Gleichgewicht zueinander existieren. Am bekanntesten ist dieser Punkt für Wasser, das bei 0,01 Grad Celsius und 611,66 Pascal Druck zugleich fest, flüssig und gasförmig ist. Doch auch für viele Festkörper sind theoretisch Tripelpunkte vorhergesagt. Einer Arbeitsgruppe an der University of Washington in Seattle gelang nun erstmals die genaue experimentelle Bestimmung dieses Dreiphasenpunkts für Vanadium(IV)-oxid. Bei 65 Grad Celsius trafen dabei eine metallische und zwei isolierende Phasen des Metalloxids aufeinander. Der spontane Wechsel zwischen diesen Zuständen mit grundlegend verschiedenen Eigenschaften macht Vanadiumoxid als Werkstoff für extrem schnelle elektronische und optische Schaltkreise interessant.

Abb.: Kristallstruktur von Vanadiumoxid. (Bild: Solid State, CC 3.0)

David Cobden und seine Kollegen vom Nanodevice Physics Lab entwickelten eine Methode, um den Tripelpunkt von Vanadiumoxid zu bestimmen. Sie spannten einen einkristallinen Nanofaden aus Vanadiumoxid (VO2) in eine mikromechanische Vorrichtung. Mit einem piezoelektrischen Aktuator konnten sie den Draht sehr genau zusammendrücken oder dehnen und so eine messbare Spannung aufbauen. Hochsensible Thermometer lieferten während der Experimente an insgesamt zehn VO2-Proben die genaue Temperatur.

Für die Bestimmung des Tripelpunkts dienten in erster Linie Verlaufsmessungen des elektrischen Widerstands des Nanofadens. Phasenübergänge in VO2, bei denen sich der Aufbau der inneren Kristallstruktur schlagartig änderte, zeigten sich wie erwartet über kleine Sprünge in den Messkurven. Entlang der Phasengrenzen überlagerten sich die Werte auf charakteristische Weise und führten schließlich zur Identifizierung des Tripelpunktes. Parallel beobachteten Cobden und Kollegen ihre Proben mit einem Raman-Mikroskop, um die makroskopischen Veränderungen verfolgen zu können.

Abb.: Tripelpunkt von Vanadiumoxid; bei 65 Grad Celsius ohne wirkende Spannungen liegen drei Phasen im Gleichgewicht vor. (Bild: D. Cobden, U. Washington)

Mehrere Versuchsreihen waren nötig, um anhand der einkristallinen Nanodrähte, die teilweise auch unter zu starker Spannung zerbrachen, die Tripelpunkt-Bedingungen mit geringem Messfehler zu bestimmen. So standen drei Phasen bei 65 +- 0,1 Grad Celsius im Gleichgewicht. Am Tripelpunkt wurde der Nanofaden weder gedehnt noch gestaucht. Geringste Änderungen dieser Bedingungen reichten aus, um jeweils nur eine einzige Phase zu stabilisieren. Diese Wechsel vollzogen sich binnen weniger Pikosekunden.

Noch gehört die Identifizierung von Tripelpunkten in Festkörpern in den Bereich der Grundlagenforschung. Doch für die Analyse von Materialeigenschaften ist sie sehr wichtig, um eine genaue Kontrolle über das Verhalten dieser Werkstoffe zu gewinnen. Der spontane Wechsel zwischen metallisch leitenden und isolierenden Eigenschaften in Vanadiumoxid könnte in Zukunft auch für extrem schnelle Schaltprozesse genutzt werden. Auf der Grundlage dieser Methode ist es nun wahrscheinlich, dass weitere Metalloxide wie beispielsweise Manganite oder Nickelate mit Anteilen an Seltenen Erden ihre bisher nur in theoretischen Modellen vorhergesagten Tripelpunkte offenbaren müssen.

Jan Oliver Löfken

PH

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