Planetare Kollisionen produzieren Diamanten
Diamantenfunde in Meteoriten widerlegen bisherige These zum Ursprung des Materials.
Die bislang größten extraterrestrischen Diamanten hat ein internationales Forscherteam in Meteoriten aufgespürt – sie sind immerhin einige zehntel Millimeter groß. Wie die Forscher zeigen konnten, sind diese Diamanten in der Frühzeit unseres Sonnensystems während der Kollision von Kleinplaneten miteinander oder mit großen Asteroiden entstanden. Damit widerlegt das Team die bisherige These ihres Ursprungs tief im Innern von mindestens merkurgroßen Planeten.
Schätzungsweise mehr als zehn Millionen Asteroiden kreisen im Asteroidengürtel um die Sonne. Sie sind Überbleibsel aus der Frühzeit unseres Sonnensystems, als sich die Planeten aus einer großen, um die Sonne rotierenden Gas- und Staubwolke bildeten. Wenn Asteroiden aus der Umlaufbahn geworfen werden, stürzen sie zuweilen als Meteoroide auf die Erde. Sind sie groß genug, so verglühen sie beim Eintritt in die Atmosphäre nicht vollständig und können als Meteorite gefunden werden. Die geowissenschaftliche Untersuchung solcher Meteorite ermöglicht Rückschlüsse auf die Entstehung, Entwicklung aber auch den Untergang von Planeten im Sonnensystem.
Eine besondere Art von Meteoriten sind die Ureilite. Sie sind Fragmente eines größeren Himmelskörpers – wahrscheinlich eines Kleinplaneten – der durch gewaltige Kollisionen mit anderen Kleinplaneten oder großen Asteroiden vollständig zertrümmert wurden. Ureilite enthalten häufig größere Mengen an Kohlenstoff, unter anderem in Form von Graphit oder Nano-Diamanten. Die in Ureiliten entdeckten Diamanten mit Größen von über 0,1 Millimetern können nicht beim Aufprall der Meteoroide auf die Erde entstanden sein. Impakt-Ereignisse mit solch großen Energien würden zur vollständigen Verdampfung des Meteoroiden führen. Daher ging man bisher davon aus, dass diese größeren Diamanten – ähnlich wie im Erdinneren – durch lange andauernden Druck im Inneren von mars- oder merkurgroßen Planetenvorläufern entstanden sein mussten.
Das Forscherteam hat jetzt in Ureiliten aus Marokko und dem Sudan die größten bislang entdeckten Diamanten gefunden und detailliert analysiert. Neben den bis zu mehrere hundert Mikrometer großen Diamanten fanden sich in den Ureiliten auch zahlreiche Nester von nur Nanometer großen Diamanten und Nano-Graphit. Nähere Untersuchungen zeigen, dass bei den Nano-Diamanten auch Londsdaleit-Lagen auftreten, eine nur durch plötzlichen, sehr starken Druck entstehenden Modifikation von Diamanten. Ferner zeigen auch Silikate der untersuchten Ureilit-Gesteine typische Anzeichen eines Schockdrucks. Letztendlich war es das Auftreten der größeren Diamanten zusammen mit Nano-Diamanten und Nano-Graphit, der den Durchbruch ergab.
„Unsere umfangreichen neuen Untersuchungen zeigen, dass sich diese ungewöhnlichen extraterrestrischen Diamanten durch den immensen Schockdruck beim Einschlag eines großen Asteroiden oder gar Kleinplaneten auf der Oberfläche des Ureilit-Mutterköpers bildeten“, erläutert Team-Mitglied Frank Brenker von der Uni Frankfurt. „Es ist durchaus möglich, dass es eben dieser gigantische Einschlag war, der zur vollständigen Zerstörung des Kleinplaneten führte. Damit sind – anders als bisher angenommen – die größeren Ureilit-Diamanten kein Hinweis auf die Existenz von mars- oder merkurgroßen Protoplaneten in der frühen Phase unseres Sonnensystems, aber dennoch für die immensen, zerstörerischen Kräfte, die zu dieser Zeit herrschten.“
GUF / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
F. Nestola et al.: Impact shock origin of diamonds in ureilite meteorites, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A., online 28. September 2020; DOI: 10.1073/pnas.1919067117 - NanoGeoscience (F. Brenker), Institut für Geowissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt