Planetenentstehung per Bugwelle
Infrarot-Beobachtungen liefern Hinweise auf Staubscheibe um Geminga-Pulsar
Fast 4000 Planeten bei anderen Sternen haben Astronomen inzwischen entdeckt. Was dabei oft vergessen wird: Die ersten Exoplaneten, die bereits im Jahr 1992 bestätigt werden konnten, umkreisen keine normalen Stern, sondern einen Pulsar. Schwankungen des Signals von PSR 1257+12 zeigen, dass drei Planeten mit 0,02, 4,3 und 3,9 Erdmassen den Neutronenstern umkreisen. Inzwischen sind insgesamt zehn Planeten bei acht Pulsaren bekannt. Diese Entdeckungen werfen die Frage auf, woher diese Planeten stammen. Denn Neutronensterne sind die kompakten Überreste von Supernovae – und zuvor existierende Planeten sollten die Explosion eines Sterns nicht überstehen.
Abb.: Der Geminga-Pulsar (Markierung in der Mitte) und seine Umgebung, aufgenommen mit dem James Clerk Maxwell Telescope. Links vom Pulsar ist die Bugwelle zu erkennen. Auch rechts vom Pulsar, im „Kielwasser“ seiner Bewegung, findet sich eine Materieverdichtung. Außerdem ist um den Pulsar herum eine Aufhellung sichtbar, die auf eine Gas- und Staubscheibe hindeutet, in der Planeten entstehen könnten. (Bild: Jane Greaves / JCMT)
Auch der etwa 300.000 Jahre alte, 800 Lichtjahre entfernte Geminga-
„Der Geminga-Pulsar bewegt sich sehr schnell durch die Milchstraße“, erklärt Greaves, „seine Geschwindigkeit ist größer als die Schallgeschwindigkeit im interstellaren Gas.“ Deshalb könne sich dort eine Stoßwelle herausbilden, in der die Materie stark verdichtet wird. Insgesamt könnte sich um den Neutronenstern auf diese Weise ein Mehrfaches der Masse der Erde ansammeln – ausreichend Material also für die Entstehung von Planeten. Greaves und Holland beobachteten den Geminga-
„Um sicherzugehen, dass es sich hier nicht nur um ein Artefakt handelt, führten wir weitere Beobachtungen mit der 2013 installierten, neuen Kamera SCUBA-2 durch“, berichtet Holland. Während die alte Kamera lediglich 128 Pixel besaß, wartet SCUBA-2 mit insgesamt 10.240 Pixeln und einer entsprechend höheren Bildschärfe auf. Nun zeigte sich gleich mehrere Features in der Umgebung des Pulsars: eine bogenförmige Struktur in Bewegungsrichtung vor dem Neutronenstern, die von den beiden Forschern als die erwartete Bugwelle interpretiert wird, eine eher zylinderförmige Struktur hinter dem Neutronenstern, offenbar eine Verdichtung im „Kielwasser“, und schließlich eine schwache Struktur unmittelbar um den Pulsar herum, die Greaves und Holland als Hinweis auf eine Gas- und Staubscheibe deuten.
Damit hat das Forscher-Duo eine mögliche Antwort auf die Frage nach der Herkunft des Baumaterials für die Planetenentstehung bei Neutronensternen gefunden: Die Stoßwelle verdichtet das interstellare Medium, ein Teil Materie aus dieser Bugwelle strömt auf den Pulsar zu und sammelt sich dort in einer Akkretionsscheibe – in der sich dann neue Planeten bilden können. Noch allerdings geben sich Greaves und Holland vorsichtig: „Unsere Aufnahmen sind recht unscharf, deshalb haben wir Beobachtungszeit am ALMA beantragt.“
Das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array, eine aus 66 Antennen bestehenden Radio-
Rainer Kayser
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RK