22.12.2015

Plasma kann Pflanzenwachstum beschleunigen

Lösung für Nahrungsmittelengpässe gefunden?

Wissenschaftler der Universität Kyushu im Südwesten von Japan gelang es, das Wachstum der Pflanze Arabidopsis thaliana (L.) durch die Behandlung der Pflanzensamen mit einem Atmosphärendruckplasma zu verbessern. Ihre Ergebnisse stellten sie nun in der Zeitschrift Applied Physics Express vor.

Abb.: Prinzipskizze der Plasmabehandlung getrockneter Samen. (Bild: U Kyushu)

Der Plasmaphysiker Kazunori Koga und sein Team setzen die Samen der auch unter dem Namen Acker-Schmalwand bekannten Pflanze für drei Minuten einem mittels einer dielektrisch behinderten Barrierentladung (DBD) an Luft erzeugten Plasma aus. Bei dieser relativ kostengünstig zu realisierenden Apparatur erzeugen starke elektrische Felder zwischen den mit einem Dielektrikum beschichteten Elektroden eine Mischung von Ionen und reaktiven Molekülen im gasgefüllten Raum zwischen den Elektroden, in den die trockenen Samen eingebracht wurden.

Auch wenn dieser Pflanzenart landwirtschaftlich keine Bedeutung zukommt, wurde sie auf Grund einer überschaubaren Anzahl von nur fünf Chromosomenpaaren und einem kurzen Generationszyklus von wenigen Wochen zu einem Modellorganismus in der Biologie etabliert. Koga und sein Team erhofften, an ihr prinzipielle Effekte einer Plasmabehandlung auf das Pflanzenwachstum aufzudecken. Die plasmabehandelten Samen pflanzten sie in eine faserbedeckte Schalte und zogen sie bis zur Erntereife. Dabei beobachteten sie, dass die Erntezyklen der aus den plasmabehandelten Samen gewachsenen Pflanzen in Bezug auf die aus einer unbehandelte Kontrollgruppe gezogenen Pflanzen um 11 % verkürzt war. Die Anzahl der aus den plasmabehandelten Pflanzen neu gebildeten Keime lag um 39 % über denen der Kontrollgruppe. Auch wurde eine Zunahme des Gewichts der Keime um 12 % verzeichnet.

Abb.: Die Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Samens zeigt keine plasmainduzierten Veränderungen der Samenhülle. (Bild: U Kyushu)

Da die Plasmabehandlung keine Veränderungen an der Hülle der Samen hervorruft – wie Koga und seine Kollegen mit Hilfe elektronenmikroskopischer Aufnahmen zeigen konnten – folgern die Wissenschaftler, dass eine plasmainduzierte Aktivierung der Samen der vorherrschende Mechanismus der Wachstumssteigerung sein könnte. Während der Plasmabehandlung sind die Samen reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies sowie Ionen und elektrischen Feldern ausgesetzt. In vorangehenden Studien zur Sterilisation und Plasmamedizin konnte gezeigt werden, dass dabei eine Zellinaktivierung durch oxidativen Stress hervorgerufen werden kann. In ihrem jüngsten Experiment führten die Wissenschaftler dem Probenraum allerdings kein weiteres Gas durch zuströmende Luft hinzu. Der auf die Samen treffende Strom aus kurz- und langlebigen angeregten Spezies könnte also deutlich niedriger als zum Beispiel bei dem zu Sterilisationszwecken eingesetzten Plasmajet-Verfahren sein. In dem hier vorliegenden Fall dürfte die beobachtete plasmainduzierte Zellaktivierung daher auf einen milden oxidativen Stress zurückzuführen sein.

Die Wissenschaftler sehen in ihren Ergebnissen einen allgemeinen Ansatz mittels kalter Atmosphärendruckplasmen die Wachstumszeiten von Pflanzen zu verkürzen und die Ernteausbeute zu steigern. Sie wollen die Arbeiten mit internationalen Partnern fortführen, um so den durch das Wachstum der Weltbevölkerung entstehenden Nahrungsmittelengpässen zu begegnen.

Universität Kyushu / LK

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