15.02.2011

Plasmagenerator testet Brennkammerwände

Jülicher Forscher suchen mit Hilfe des neuen Plasmagenerators PSI-2 das optimale Wandmaterial für den Dauerbetrieb in zukünftigen Fusionskraftwerken.

Jülicher Forscher suchen mit Hilfe des neuen Plasmagenerators PSI-2 das optimale Wandmaterial für den Dauerbetrieb in zukünftigen Fusionskraftwerken.

Der Plasmagenerator PSI-2 hat in Jülich seinen Betrieb aufgenommen. Das drei Tonnen schwere und eine Million Euro teure Gerät wird helfen, Materialien zu finden, die ab dem Jahr 2035 als Wandelemente den Dauerbetrieb in einem Fusionskraftwerk aushalten können. Dazu müssen diese rund um die Uhr der enormen Wärmebelastung durch die 100 Millionen Grad heiße Fusionsmaterie im Inneren der Brennkammer und dem Beschuss mit Neutronen standhalten.

„Wir haben unser Experiment PSI-2 während des letzten Dreivierteljahres aufgebaut und jetzt das erste Plasma erzeugt“, sagt Bernhard Unterberg vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung. Er und sein Team untersuchen die Wechselwirkung des heißen Plasmagases mit den umgebenden Oberflächen, ("Plasma-surface interaction" - PSI). Nur bei Plasmatemperaturen von etwa 100 Millionen Grad verschmelzen die Atomkerne optimal und setzen Energie frei.

Abb.: Erstes Argon-Plasma in PSI-2 (Bild: FZJ)

Für die Wände eines Fusionskraftwerks wären diese hohen Brenntemperaturen eigentlich kein Problem. Denn ein eigens dafür ausgelegter Magnetfeldkäfig ist in der Lage, den ungewollten Kontakt des Plasmas mit der gesamten Innenwand zu verhindern. Doch in Fusionskraftwerken ist ein kontrollierter Kontakt des Plasmas mit der Kammerwand gewollt und sogar notwendig. „Die Heliumkerne, die bei der Fusion der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium entstehen, wirken auf den Fortgang der Fusion wie das Verbrennungsprodukt Kohlendioxid auf eine Kerze im abgedeckten Glas: Wenn wir das Helium nicht rasch genug entfernen, erstickt die Fusion“, erklärt Ralph Schorn vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung. Deshalb wird das schützende Magnetfeld an bestimmten Stellen – den Divertoren – kontrolliert geöffnet und das Helium abgepumpt. Diese Stellen der Wand sind kontinuierlich einem hohen Wärme- und Teilchenfluss ausgesetzt, der Material aus der Wand herausschlägt. „Dieses kann in das Plasma gelangen und schlimmstenfalls die Fusion beenden. Außerdem wird die Wand dünner, was natürlich ihre Lebensdauer begrenzt und damit auch in die Wirtschaftlichkeit späterer Kraftwerke eingeht“, sagt Unterberg.

Trotz ausführlicher Untersuchungen der Wandschädigung an der Jülicher Experimentalplattform TEXTOR gibt es bisher keine Daten über das Verhalten der Wand im Fusionsdauerbetrieb unter den realen Bedingungen von Kraftwerken. Zwar nimmt das internationale Fusionsexperiment ITER im Jahre 2019 seinen Betrieb auf. Doch anders als später in „richtigen“ Kernfusionskraftwerken wird es in ITER keinen Dauerbetrieb geben. Die Kernfusion wird jeweils nur für einige Minuten gezündet. Deshalb beginnt das Forschungszentrum Jülich nun mit der Untersuchung der Auswirkungen, die der Dauerbetrieb auf die Wände der Fusionskraftwerke ab dem Jahre 2035 haben wird. „Dass wir schon jetzt damit anfangen, ist zwingend notwendig, um die Erkenntnisse rechtzeitig vorliegen zu haben“, sagt Unterberg. „Denn für viele Entwicklungen benötigen wir eine lange Vorlaufzeit.“

Im jetzt begonnenen Pilotexperiment wird Plasma auf eine Probe des Wandmaterials „geschossen“. Mit Hilfe von Laserlicht wird dann analysiert, welche Materialien in das Plasma gelangen und die Fusion zu behindern drohen. Anders als bei den auf die Energieerzeugung zielenden Reaktorkonzepten, in denen die Kernfusion nur aufrechterhalten werden kann, wenn das Plasma von Magnetfeldern auf eine Ringbahn gezwungen wird, bewegt sich das Plasma im PSI-2 im Wesentlichen nur geradeaus, was die Analyse vereinfacht. Kernfusion findet hier nicht statt.

Forschungszentrum Jülich / AL

Weitere Infos

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen