Plasmonen als Wellen und Teilchen
Neues Verfahren macht gleichzeitig Interferenzstreifen und Energiequantisierung sichtbar.
5.3.2015
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In der Grenzfläche zwischen einem Metall und einem Dielektrikum können quantisierte plasmonische Anregungen auftreten, die sich wellenförmig ausbreiten. Mit einem ultraschnellen Elektronenmikroskop haben Forscher jetzt gleichzeitig den Teilchen- und den Wellencharakter dieser Anregungen sichtbar gemacht.
Fabrizio Carbone von der EPFL und seine Mitarbeiter haben die Plasmonen erzeugt, indem sie mit einem gepulsten Infrarotlaser Nanodrähte aus Silber bestrahlt haben, die sich auf einer Schicht aus mehrlagigem Graphen befanden. Das elektromagnetische Fernfeld des Lasers regte in den Drähten elektronische Plasmaschwingungen an, die von einem elektromagnetischen Nahfeld unmittelbar an der Drahtoberfläche begleitet wurden. Die Energie und räumliche Verteilung dieser „Oberflächenplasmon-Polaritonen“ haben sich die Forscher genauer angeschaut.
Dazu haben sie 80 fs lange UV-Laserpulse, die mit den ebenso langen IR-Laserpulsen synchronisiert waren, auf die Kathode eines Elektronenmikroskops gestrahlt. Jeder UV-Puls löste einen schwachen Elektronenpuls aus, der im Mittel nur ein Elektron mit einer scharf umrissenen Energie enthielt. Der Elektronenpuls wurde auf die Graphenunterlage fokussiert und durchquerte den Nanodraht unmittelbar nachdem dieser von einem IR-Puls getroffen worden war. Die Energie der vom IR-Puls hervorgerufenen plasmonischen Anregung war quantisiert mit der Energie der IR-Photonen.
Der Elektronenpuls konnte nun ebenfalls Plasmonen anregen und dabei Energie verlieren. Da der Puls nur ein Elektron enthielt, beeinflusste er die räumliche Verteilung der Anregungen im Draht auf diese Weise jedoch kaum. Der Puls konnte aber auch ein Vielfaches des plasmonischen Energiequants aufnehmen. In beiden Fällen änderte sich die Energie des Elektronenpulses, der somit Information über den Quantencharakter der Plasmonen enthielt. Zugleich wirkte auf den Elektronenpuls das ortabhängige elektrische Feld der Plasmonen, sodass er auch räumliche Information über den Wellencharakter der Plasmonen enthielt. Zu Auswertung dieser Informationen passierte der Elektronenpuls ein Energiefilter und gelangte zu einer CCD-Kamera.
Zunächst zeigten die Forscher, dass sich die Verteilung der Elektronenenergie nach Durchqueren des angeregten Nanodrahtes verbreitert hatte und genau dort Nebenmaxima aufwies, wo sich die Energie der Elektronen um ein Vielfaches der IR-Photonenenergie geändert hatte. Die plasmonischen Anregungen waren also tatsächlich quantisiert. Das Elektronenmikroskop machte zudem das Interferenzmuster aus Schwingungsknoten und -bäuchen des elektrischen Nahfeldes der Plasmonen sichtbar. Dabei hing es von der Länge des Drahtes ab, wie viele halbe Wellenlängen in ihn hineinpassten und welcher Schwingungszustand vom IR-Puls angeregt wurde.
Die Schwingungsbäuche lagen genau auf der Mittelachse des Drahtes wenn die Polarisationsrichtung des anregenden IR-Lasers parallel zu dieser Achse war. Schlossen die Achse und die Polarisationsrichtung hingegen einen Winkel von 45 Grad ein, so waren die Schwingungsbäuche in einem Zickzack abwechselnd rechts und links von der Mittelachse des Drahtes angeordnet. Solch asymmetrisch angeordnete plasmonische Wellen hatte man bisher weder mit optischer Nahfeldmikroskopie noch mit Rasterelektronenmikroskopie beobachten können.
Darüber hinaus gelang es den Forschern, die energetischen und räumlichen Informationen, die in den Elektronenpulsen steckten, gleichzeitig in einem zweidimensionalen Diagramm sichtbar zu machen. Dazu ermittelten sie die Wahrscheinlichkeit, dass die Elektronen eine bestimmte Energie hatten und von einem Punkt mit einer bestimmten y-Koordinate kamen, wobei die y-Achse parallel zum Draht lag. Das Diagramm zeigte in y-Richtung Streifen hoher Wahrscheinlichkeit, die gleichen Abstand voneinander hatten. Dies entsprach der Energiequantisierung. Auf den Streifen selbst wechselten „helle“ und „dunkle“ Bereiche ab, die den Knoten und Bäuchen der plasmonischen Wellen entsprachen.
Das von Carbone und seinen Kollegen entwickelte Verfahren gibt detaillierte und umfassende Einblicke in das plasmonische Geschehen, das sich in Nanostrukturen abspielt. Indem die Forscher das Zeitintervall zwischen dem anregenden IR-Puls und dem die elektronische Abfrage auslösenden UV-Puls variieren, können sie beobachten, wie sich die plasmonischen Anregungen in einer Nanostruktur entwickeln. Das ist u. a. von Interesse für die plasmonische Verarbeitung optischer Signale. RAINER SCHARF
Weitere Infos
Originalveröffentlichung:
L. Piazza et al.: Simultaneous observation of the quantization and the interference pattern of a plasmonic near-field. Nat. Commun. 6, 6407 (2015)
doi: 10.1038/ncomms7407
Gruppe von Fabrizio Carbone an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne:
http://lumes.epfl.ch/
Weitere Literatur:
D. Rossouw & G. A. Botton: Plasmonic response of bent silver nanowires for nanophotonic subwavelength waveguiding. Phys. Rev. Lett. 110, 066801 (2013)
DOI: 10.1103/PhysRevLett.110.066801
BU (Figure.1a): IR-Pulse regen in Nanodrähten Plasmonen an, deren Energie und räumliche Verteilung mit kurzen Elektronenpulsen abgefragt werden, die zuvor von UV-Pulsen ausgelöst wurden. (L. Piazza et al., Nat. Commun.)
BU (Figure.3b): Das Diagramm zeigt die Elektronenzählrate aufgetragen nach der Energieänderung der Elektronen (x-Achse) und ihrer Herkunft entlang des Drahtes (y-Achse). Dabei ist sowohl die Energiequantisierung der Plasmonen als auch das Interferenzmuster der plasmonischen Wellen deutlich sichtbar. (L. Piazza et al., Nat. Commun.)
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