Platin schlägt Nanoblasen
Technisch wichtiges Edelmetall oxidiert schneller als erwartet.
Das Edelmetall Platin kann unter technisch relevanten Bedingungen schneller oxidieren als erwartet. Das zeigt eine Untersuchung aus dem DESY-NanoLab gemeinsam mit der TU Wien. Platinhaltige Geräte wie beispielsweise Abgas-Katalysatoren im Auto können durch diese Reaktion an Wirksamkeit einbüßen. „Platin ist ein technisch sehr wichtiges Material“, sagt Thomas Keller vom DESY und der Uni Hamburg. „Es ist nicht umfassend geklärt, unter welchen Bedingungen Platin oxidieren kann. Diese Bedingungen genauer zu erkunden, ist für zahlreiche Anwendungen von Bedeutung.“
Die Forscher hatten eine dünne Platinschicht auf einem Yttrium-stabilisierten Zirkonkristall untersucht, eine Kombination, die beispielsweise in der Lambda-Sonde zur Abgaskontrolle im Auto zum Einsatz kommt. Dieser YSZ-Kristall ist ein Ionenleiter, er leitet Sauerstoffionen. Die aufgedampfte Platinschicht dient als Elektrode. Mit der Lambda-Sonde wird der Sauerstoffgehalt des Abgases gemessen und in ein elektrisches Signal verwandelt, mit dem elektronisch die Verbrennung im Motor so gesteuert wird, dass die Schadstoffe in den Abgasen minimiert werden.
Im DESY-NanoLab legten die Forscher eine elektrische Spannung von ungefähr 0,1 Volt an den platinbedampften YSZ-Kristall und erhitzten ihn auf etwa 450 Grad Celsius – Bedingungen, wie sie im Betrieb vieler technischer Geräte herrschen. In der Folge sammelte sich der Sauerstoff unter der undurchlässigen Platinschicht bis zu einem Druck von maximal zehn Bar, wie er beispielsweise in LKW-Reifen herrscht. Unter Einfluss dieses Sauerstoffdrucks und der erhöhten Temperatur schlug die Platinschicht kleine Blasen, die typischerweise einen Durchmesser von einem Mikrometer hatten. „Platinblasen sind ein weit verbreitetes Phänomen, das man gerne besser verstehen möchte“, erläutert Keller. „Unsere Untersuchung kann dabei auch stellvertretend für derartige elektrochemische Phänomene an verschiedenen Grenzflächen dienen.“
Mit einem fokussierten Ionenstrahl haben die Wissenschaftler die Platinblasen wie mit einem ultrascharfen Skalpell der Länge nach aufgeschnitten, um das Innere genauer zu untersuchen. Dabei zeigte sich, dass die Bläschen auf der Innenseite von einer bis zu 85 Nanometer dicken Platinoxidschicht gesäumt waren, die damit viel dicker ausfiel als erwartet.
„Diese massive Oxidierung hat bereits unter Bedingungen stattgefunden, unter denen dies normalerweise nicht beobachtet wird“, berichtet Sergey Volkov von der Uni Hamburg. „Platin ist in der Regel ein hochstabiles Material und wird gerade deshalb für viele Anwendungen wie beispielsweise den Auto-Katalysator gewählt, weil es sich eben nicht so schnell verändert. Unsere Beobachtung ist daher wichtig für solche Anwendungen.“ Die Forscher vermuten, dass der hohe Sauerstoffdruck innerhalb der Bläschen die Oxidation des Metalls beschleunigt. Das müsse für die Funktion elektrochemischer Sensoren beachtet werden.
DESY / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
T. F. Keller et al.: Nano-scale oxide formation inside electrochemically-formed Pt blisters at a solid electrolyte interface, Solid State Ionics 330, 17 (2019); DOI: 10.1016/j.ssi.2018.11.009 - NanoLab, Deutsches Elektronen-Synchrotron, Hamburg
- Institut für chemische Technologien und Analytik, Technische Universität Wien, Österreich