15.07.2015

Pluto: Kleinplanet ganz groß

Die NASA-Sonde New Horizons hat den Zwergplaneten erfolgreich passiert und lieferte bereits vorher erste wichtige Erkenntnisse.

85 Jahre hat es gedauert, bis aus einem winzigen Punkt in einem Sternenfeld ein Himmelskörper mit einer deutlich erkennbaren Oberfläche wurde. Am 14. Juli um 13:49 Uhr MESZ näherte sich die NASA-Sonde New Horizons nach neuneinhalb Jahren Reise auf nur 12.400 Kilometer an den Zwergplaneten an. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Sonde in einer 22-stündigen Sendepause, um sich voll und ganz auf die Beobachtung von Pluto und seinen Monden auszurichten.

Gegen 2:53 Uhr unserer Zeit traf in der Nacht zum 15. Juli das erste erlösende Signal nach der Sendepause bei der Antenne des NASA Deep Space Network nahe Madrid ein. Damit war klar, dass die Sonde den Vorbeiflug heil überstanden hatte. Bei einer Geschwindigkeit von rund 50000 Kilometern pro Stunde hätte bereits ein Staubkorn der Sonde gefährlich werden können.

Erste wichtige Erkenntnisse lieferte New Horizons bereits vor der engen Begegnung mit Pluto. Spätestens mit den Bildern vom 9. Juli, aufgenommen aus einer Entfernung von 5,4 Millionen Kilometer war klar, dass Pluto die weite Reise wert war. Seine rötliche Oberfläche zeigte deutliche Anzeichen vieler unterschiedlicher Oberflächendetails, die auf komplexe geologische Aktivitäten schließen lassen. Zwei größere Regionen inspirierten die Fantasie der Wissenschaftler wie der Öffentlichkeit: ein dunkler Bereich unterhalb des Äquators, der einem Wal ähnelt, und eine große und sehr helle Region in Form eines Herzens.

Pluto im neuen Licht: Die letzte Aufnahme von New Horizon vor dem Vorbeiflug...
Pluto im neuen Licht: Die letzte Aufnahme von New Horizon vor dem Vorbeiflug (links) zeichnet nun ein völlig neues, realistisches Bild von Pluto als die bislang besten Aufnahmen mit dem Hubble-Weltraum-Teleskop (rechts). (Fotos: NASA/APL/SwRI; NASA, ESA, and M. Buie/Southwest Research Institute)

Bislang ließ sich die Größe von Pluto und seinem größten Mond Charon nur abschätzen. Möglich wurde dies über die gegenseitigen Bedeckungen, die in den Jahren von 1985 bis 1990 zu beobachten waren. Die resultierenden Lichtkurven erlaubten eine Abschätzung der Durchmesser von Pluto und Charon und eine grobe Kartierung der Helligkeitsunterschiede ihrer Oberflächen. Die geschätzten Durchmesser lagen bei 2290 bis 2400 Kilometer für Pluto und 1200 bis 1300 Kilometer für Charon. Da die gegenseitigen Bedeckungen sowie eine Sternbedeckung durch Pluto darauf hindeuteten, dass er eine Atmosphäre besitzt, waren die Angaben mit größeren Unsicherheiten behaftet.

Mit den Messungen des „Long Range Reconnaissance Imager“ (LORRI) konnte New Horizons nun die genauen Größen bestimmen: Pluto ist mit 2370 Kilometern Durchmesser unerwartet groß und Charon liegt mit 1208 Kilometern am unteren Ende des erwarteten Bereichs. Daraus ergeben sich für Pluto eine geringere Dichte und eine niedrigere Atmosphäre als bisher angenommen. Pluto ist nun doch größer als Eris, der zu den größten unter den vielen tausend Objekten im 1992 entdeckten Kuiper-Gürtel gehört. Dieser befindet sich in 30 bis 50 Astronomischen Einheiten von der Sonne. Seine Entdeckung hat letztlich dazu geführt, dass Pluto der Planetenstatus aberkannt wurde. Nun ist er immerhin das größte Objekt jenseits des Neptuns.

Mittlerweile hat New Horizons auch die ersten Nahaufnahmen von Plutos Oberfläche zur Erde gefunkt: 

Auf dieser Nahaufnahme der Pluto-Oberfläche erkennt man unter anderem...
Auf dieser Nahaufnahme der Pluto-Oberfläche erkennt man unter anderem Bergformationen von bis zu 3500 Metern Höhe. (Foto: NASA/APL/SwRI)

Das New Horizons-Team braucht aber weiterhin einen langen Atem: Die Datenübertragung geschieht mit 1000 bis 4000 Bits pro Sekunde und dauert deshalb rund 16 Monate. New Horizons fliegt nun weiter in Richtung des Sternbilds Schütze, ohne dass nennenswerte Kurskorrekturen möglich sind. Daher hoffen die Forscher auf weitere spannende Begegnungen in den kommenden zwanzig Jahren. So lange wird der Radioisotopengenerator an Bord der Sonde nämlich Energie liefern können.

An Bord von New Horizons befindet sich auch Asche von Clyde Tombaugh (1906 bis 1997), der 1930 den damaligen neunten Planeten des Sonnensystems entdeckt hat. Motiviert war die durch den amerikanischen Astronomen Percival Lowell initiierte Suche durch Störungen in den Bahnen von Uranus und Neptun. Wie sich herausstellte, war Pluto jedoch zu klein, um für die Störungen verantwortlich zu sein. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass jenseits der Pluto-Bahn weitere größere, noch unentdeckte Objekte ihre Bahn ziehen.

Alexander Pawlak

Nachtrag (16.7): Die Meldung wurde um die erste Aufnahme von der Pluto-Oberfläche ergänzt.

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