01.06.2012

Polykristallines Graphen leitet Strom besser als gedacht

Entdeckung könnte großtechnische Anwendung der dünnen Kohlenstoffschichten beschleunigen.

Trotz eines polykristallinen Aufbaus können mehrteilige Graphenschichten elektrische Ladungen besser transportieren als monokristalline Filme. Diese überraschende Messung machten Physiker von der Cornell University in Ithaka. Sie könnte dem erst vor acht Jahren entdeckten Werkstoff aus Kohlenstoff schneller den Weg zu zahlreichen Anwendungen vom flexiblen Flachbildschirm über leistungsfähige Superkondensatoren bis zum Graphen-Schaltkreis ebnen.

Abb.: Unter dem Elektronenmikroskop lassen sich individuell eingefärbte Graphenstücke erkennen, die sich zu einer polykristallinen Schicht zusammen lagern (kleine Bilder links). Angeschlossen an Elektroden konnte die Beweglichkeit der Ladungsträger bestimmt werden. (großes Bild rechts). (Bild: A. Tsen)

Die qualitativ besten Graphenschichten gewinnen Forscher heute über das Abschälen von atomar dünnen Lagen von einem Grafitblock. Diese monokristallinen Folien sind extrem stabil, flexibel, transparent und erreichen eine Elektronen-Mobilität von etwa 15.000 Quadratzentimeter pro Voltsekunde. Mit diesem Verfahren lassen sich große Graphenflächen jedoch nur sehr schwer herstellen. Alternativ kann Kohlenstoff in einer Gasatmosphären auf einem Träger abgeschieden werden (CVD-Verfahren). Dabei entstehen allerdings polykristalline Graphenschichten.

Da polykristalline Schichten zahlreiche Korngrenzen aufweisen, an denen Ladungsträger gestreut werden, erwartete die Cornell-Arbeitsgruppe um Adam Tsen eine geringere Beweglichkeit der Ladungsträger. Zu ihrer Überraschung zeigten jedoch auf Siliziumdioxid (SiO2) abgeschiedene und danach separierte Graphenschichten Mobilitätswerte von bis zu 25.000 Quadratzentimeter pro Voltsekunde. Unter einem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) untersuchten sie ihre Proben genauer und entdeckten sich überlappende Graphenschichten, die die störende Streuung der Ladungsträger an den Korngrenzen offenbar mehr als kompensierten. Höhere Mobilitätswerte für Elektronen konnten bisher nur an monokristallinen Schichten gemessen werden, die auf einem SiO2-Substrat deponiert wurden.

Diese Versuche zeigen, dass Graphenschichten ihre herausragenden elektronischen Eigenschaften trotz eines polykristallinen Aufbaus nicht verlieren müssen. In weiteren Schritten könnten die genutzten CVD-Verfahren optimiert und an eine günstige Fertigung in größeren Maßstäben angepasst werden. Mit sinkenden Produktionskosten wachsen die Chancen, Graphen als leitfähige und transparente Elektrodenschicht in Flachbildschirmen oder in Superkondensatoren mit hohen Ladungskapazitäten einsetzen zu können.

Jan Oliver Löfken

PH

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