Präsolarer Sternenstaub
Australischer Meteorit enthält den älteste Feststoff, der bisher auf der Erde gefunden wurde.
Sterne entstehen, wenn sich Wolken aus Gas und Staub aufgrund der Schwerkraft verdichten und aufheizen. Die Sterne leuchten dann Millionen oder gar Milliarden Jahre, ehe sie vergehen und dabei Staubpartikel ins All schleudern. Diese tragen wiederum zur Entstehung neuer Sterne, Planeten, Monde und Meteoriten bei. In einem Meteorit, der vor fünfzig Jahren in Australien niederging, spürte ein internationales Forscherteam jetzt Sternenstaub auf, der vor fünf bis sieben Milliarden Jahren entstanden ist. Damit handelt es sich um den ältesten Feststoff, der bisher auf der Erde gefunden wurde.
Die von den Wissenschaftlern untersuchten Materialien wurden also vor der Entstehung unserer Sonne gebildet und später, nach ihrer Entstehung, in Meteoriten eingeschlossen. Auf diese Weise wurden sie über Milliarden von Jahren konserviert – und das macht Meteoriten macht zu Zeitkapseln, die Auskunft über die Zeit vor der Entstehung unseres Sonnensystems geben. Die präsolaren Staubkörner sind allerdings nur schwer zu finden. Einerseits sind sie sehr selten: Nur in jedem zwanzigsten Meteoriten, der auf die Erde fällt, sind welche verborgen. Und andererseits sind die Körner sind höchstens wenige Mikrometer groß.
Der Murchison-Meteorit, der 1969 in Australien, aufschlug, entpuppte sich als wahre Schatzkiste. Aus ihm konnten Wissenschaftler an der Uni Chicago bereits vor dreißig Jahren präsolare Körner isolieren. Diese wurden jetzt genauer auf ihr Alter und ihre Herkunft untersucht. Für die Altersbestimmung nutzten die Forscher den Umstand, dass der Meteorit auf seiner Reise durchs All kosmischer Strahlung ausgesetzt war. Diese interagiert mit der Materie und bildet neue Elemente, in dem Fall seltene und daher gut nachzuweisende Edelgase. Je länger der Meteorit der kosmischen Strahlung ausgesetzt ist, desto mehr dieser Elemente häufen sich in ihm an. Anhand dieser Spurenelemente fanden die Forscher heraus, dass einige der isolierten präsolaren Körner 4,6 bis 4,9 Milliarden Jahre alt sein müssen, einige sogar älter als 5,5 Milliarden Jahre.
Die Körner geben zudem auch Auskunft über die Entstehung und die Entwicklung von Sternen. So folgern die Forscher aus ihren Erkenntnissen, dass sich vor sieben Milliarden Jahren besonders viele neue Sterne gebildet haben mussten. „Wir zählten mehr junge Körner als erwartet“, erklärt Philipp Heck von der Uni Chicago. Er vermutet deshalb, dass die Mehrzahl der Körner mit einem Alter von 4,6 bis 4,9 Milliarden Jahren von Sternen stammen, die vor etwa sieben Milliarden Jahren in einer Periode verstärkter Sternentstehung entstanden und etwa zwei Milliarden Jahre später ihr Ende erreichten. Sterne mit einer solchen Lebensdauer haben etwa doppelt so viel Masse wie unsere Sonne und produzieren daher besonders viel Staub, wenn sie vergehen. Dieser Staub wurde ins All ausgestoßen und dort von der kosmischen Strahlung getroffen. Damit befeuern die Wissenschaftler eine alte Debatte, ob neue Sterne mit einer konstanten Rate entstehen oder ob die Zahl neugebildeter Sterne periodisch schwankt. „Dank der Körner haben wir einen direkten Beweis, dass die Neubildung von Sternen vor sieben Milliarden Jahren überdurchschnittlich groß war“, so heck. „Die Entstehungsrate von Sternen scheint also eher zu schwanken als konstant zu sein.“
Ihre Analysen an den präsolaren Körnern führten die Wissenschaftler zur Hauptsache an der ETH Zürich durch. Diese verfügt über ein weltweit einzigartiges Messgerät, das Massenspektrometer „Tom Dooley“. Es wurde spezifisch für die Messung von kleinsten Gasmengen konzipiert und ist das einzige Instrument, welches Edelgase in einzelnen präsolaren Körnern messen kann.
ETH Zürich / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung:
P. Heck et al.: Lifetimes of interstellar dust from cosmic ray exposure ages of presolar silicon carbide. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A., online 13. Januar 2020; DOI: 10.1073/pnas.1904573117 - Institut für Geochemie und Petrologie, Dept. Erdwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Schweiz
- Chicago Center for Cosmochemistry, Dept. of the Geophysical Sciences, University of Chicago, USA