31.07.2023

Präzise Messung schwingender Atomkerne

Bisher genauester Test für die Quantenbewegung von geladenen Baryonen gelungen.

Mithilfe präziser Laser­spektroskopie an einem einfachen Molekül untersuchten Physiker um Stephan Schiller von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit bisher nicht erreichter Präzision die wellenartige Schwingung von Atomkernen. Sie konnten damit die Wellennatur der Bewegung von Kernmaterie genauer als bisher bestätigen und fanden keine Hinweise für eine Abweichung von dem etablierten Gesetz der Wechselwirkung zwischen Atomkernen.

Abb.: Schema des Experiments: Molekülionen in einer Ionenfalle werden mit...
Abb.: Schema des Experiments: Molekülionen in einer Ionenfalle werden mit einem Laser angeregt. (Bild: S. Alighanbari, HHU)

Heute sind die Energiewerte des Wasserstoff­atoms und damit dessen elektro­magnetisches Spektrum die am genauesten berechneten Eigenschaften eines gebundenen Quantensystems. Da auch sehr genaue Messungen des Spektrums vorgenommen werden können, ermöglicht der Vergleich von theoretischen Vorhersagen und Messungen, die der Vorhersage zugrunde­liegende Theorie zu prüfen. Derartige Überprüfungen sind sehr wichtig. Weltweit suchen Forschende – bisher allerdings vergeblich – nach Hinweisen auf neue physi­kalische Effekte, die etwa aufgrund der Existenz von dunkler Materie auftreten könnten. Diese Effekte würden zu einer Diskrepanz zwischen Messung und Vorhersage führen.

Im Gegensatz zum Wasserstoffatom war das einfachste Molekül lange Zeit kein Thema für Präzisions­messungen. Das einfachste Molekül ist das Ion des molekularen Wasserstoffs. Es besteht aus drei Teilchen. Eine Variante, das H2+, enthält zwei Protonen und ein Elektron; das HD+ hingegen besteht aus einem Proton, einem Deuteron und einem Elektron. In den Molekülen können sich die Bestandteile auf verschiedene Weise gegen­einander bewegen: Die Elektronen schwirren um die Atomkerne, die Atomkerne vibrieren gegeneinander oder rotieren umeinander. Die Teilchen verhalten sich dabei wie Wellen. 

Schillers Team konnte die experi­mentelle Genauigkeit auf ein Niveau verbessern, das höher liegt als das der theo­retischen Vorhersagen. Dazu fangen die Physiker eine moderate Menge von etwa 100 Ionen in einer Ionenfalle. Mithilfe von Laserkühltechniken werden die Ionen auf eine Temperatur von einem Millikelvin abgekühlt. Damit wird es möglich, die Molekülspektren von Rotations- und Vibrations­übergängen extrem genau zu vermessen. Nachdem bereits früher Übergänge mit Wellenlängen von 230 und 5,1 Mikrometern untersucht wurden, gelangen nun Messungen bei der deutlich kürzeren Wellenlänge von 1,1 Mikrometern. „Die gemessene Übergangs­frequenz und die theoretische Vorhersage stimmen überein. In Kombination mit früheren Ergebnissen konnten wir so den präzisesten Test für die Quanten­bewegung von geladenen Baryonen aufstellen: Sollte es überhaupt eine Abweichung von den Quanten­gesetzen geben, muss diese kleiner sein als ein Teil in 100 Milliarden“, sagt Schiller.

Das Ergebnis kann auf eine weitere Art interpretiert werden: Hypothetisch könnte es eine weitere fundamentale Kraft zwischen Proton und Deuteron geben, die zusätzlich zur Coulomb-Kraft existiert. Soroosh Alighanbari: „Eine solche hypo­thetische Kraft könnte im Zusammenhang mit der dunklen Materie existieren. Wir haben durch unsere Messungen zwar keine Hinweise auf eine solche Kraft gefunden. Wir werden aber weiter danach suchen.“

HHU / JOL

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