29.05.2017

Präzise Pulse

Neuer Pulsgenerator liefert extrem genaue Hochspannungspulse für die nächste Generation von Teilchenbeschleunigern.

Die bekannteste Anwendung von Hochspannungspulsen ist wohl die in elektrischen Weidezäunen. Doch auch Teilchen­beschleuniger an Grossforschungsanlagen wie dem Cern in Genf sind auf Hochspannungs­puls-Generatoren angewiesen, die Pulse mit sehr viel höherer Energie und höherer Spannung erzeugen. Am Cern laufen derzeit die Vorarbeiten für das nächste Groß­forschungs­projekt ab 2025. Einer von zwei Projektkandidaten ist der Bau eines fünfzig Kilometer langen Linearbeschleunigers in einem Tunnel, der von Nyon bis zum Rhone-Durchbruch bei Bellegarde in Frankreich reichen soll (Projekt Clic). Im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Cern entwickelten Forscher der ETH Zürich einen für diesen Beschleuniger benötigten Puls­generator. Vor wenigen Tagen lieferten sie ihren Prototypen ans Cern. Dort wird er nun auf Herz und Nieren geprüft.

Abb.: Der Pulsgenerator im ETH-Labor kurz vor dem Transport nach Genf. (Bild: ETHZ / P. Rüegg)

Der rund drei Kubikmeter grosse Pulsgenerator erzeugt aus der 400-Volt-Spannung des öffentlichen Stromnetzes Pulse von 180.000 Volt, die exakt 140 millionstel Sekunden dauern. Damit das öffentliche Stromnetz gleich­mäßig belastet und nicht durch Pulsspitzen gestört wird, werden im Innern des Puls­generators acht große und beinahe 200 kleine Kondensatoren kontinuierlich geladen und dann 50 mal pro Sekunde entladen. Ein speziell entwickelter Transformator sorgt dafür, dass die gewünschte Ausgangs­spannung möglichst schnell und effizient erreicht wird.

Im möglichen zukünftigen Cern-Großforschungs­projekt werden Elektronen und Positronen beschleunigt. „Diese Beschleunigung geschieht in einem Klystron. Dieses Gerät ist auf die Hochspannungs­pulse angewiesen, die unser Puls­generator liefert“, erklärt Jürgen Biela, Professor für Hochleistungs­elektronik an der ETH Zürich. In einem Klystron werden die 140 Mikro­sekunden dauernden Pulse genutzt, um daraus ein sehr hoch­frequentes Wechselfeld zu erzeugen. Und in diesem Wechselfeld werden Elektronen beziehungsweise Positronen beschleunigt.

Falls der Clic-Beschleuniger gebaut wird, braucht es dafür über tausend Klystrone, um Elektronen und Positronen stufenweise bis auf nahezu Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Jedes Klystron würde von einem eigenen Puls­generator gespeist.

Zu den größten Heraus­forderungen für die ETH-Wissenschaftler gehörte, den Puls­generator so zu bauen, dass die erzeugten Pulse alle exakt gleich lang und ihre Spannung mit einer relativen Toleranz von bloß einem Hundert­tausendstel gleich hoch sind. Außerdem war es eine Vorgabe des Cern, dass bei einem Puls die Spannung extrem schnell von 0 Volt auf 180.000 Volt und später wieder zurück springt. Um dies zu erreichen, misst das Gerät den Stromfluss hundert­tausend Mal pro Sekunde und steuert ihn in Echtzeit.

„Bei einem langsameren Pulssprung würde mehr ungenutzte Leistung an das Klystron übertagen, was die Energie­effizienz des Puls­generators schmälern würde“, erklärt Sebastian Blume. Er war im Rahmen seiner Doktorarbeit in Bielas Labor maßgeblich an der Entwicklung des Puls­generators beteiligt. Die Effizienz ist schon daher zentral, weil es um verhältnismäßig hohe Energie­mengen geht.

Der Teilchenbeschneuniger LHC (Large Hadron Collider) am Cern wird voraussichtlich noch bis 2035 oder 2040 betrieben. Für die Zeit danach werden derzeit zwei mögliche Groß­forschungs­programme diskutiert, die in Konkurrenz zueinander stehen. Welches davon umgesetzt wird, entscheidet das Cern voraussichtlich innerhalb der nächsten drei Jahre.

Beim Projekt Clic (Compact Linear Collider) sollen in einem fünfzig Kilometer langen Tunnel werden von einem Ende Elektronen und vom anderen Ende Positronen zur Tunnel­mitte hin beschleunigt und dort miteinander zur Kollision gebracht. Mit einem solchen Linear­beschleuniger können Elementar­teilchen wie das Higgs-Boson sehr viel genauer vermessen werden als dies mit dem LHC derzeit möglich ist oder mit zweiten diskutierten Zukunfts­projekt FCC (Future Circular Collider) möglich würde.

Bei letzterem steht ein Beschleunigerring mit einem Umfang von 80 bis 100 Kilometern zur Diskussion. Zum Vergleich: Der LHC hat einen Umfang von 27 Kilometern. Mit dem FCC würde man eine siebenmal höhere Kollisions­energie erreichen als mit dem LHC. Er hätte gegenüber Clic den Vorteil, dass man damit besser neue grundlegende Effekte und Teilchen entdecken könnte.

ETHZ / DE

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