Präzision jenseits der Beugungsgrenze
Airy-Strahlen lassen sich auf Metalloberflächen so kontrollieren, dass die Auflösungsgrenze von Licht unterschritten wird.
Im Wettrennen um die Kontrolle einer besonderen Form von Lichtstrahlen scheint es nicht einen, sondern zwei Sieger zu geben. Wie Forschergruppen aus den USA und Australien berichten, ist es ihnen gelungen, plasmonische Airy-Strahlung gezielt zu lenken. Damit lassen sich ultrakompakte integrierte Photonik-Chips herstellen, so die Forscher. Für Anwendungen in Chemie und Biologie verspricht das Verfahren eine Verschiebung der räumlichen Auflösungsgrenzen nach unten.
Airy-Strahlen verhalten sich anders als gewöhnliche Lichtstrahlen. Sie besitzen die Eigenschaft sich im freien Raum nicht geradlinig auszubreiten. Stattdessen verlaufen sie in einer Kurve. Dabei ist ein Airy-Strahl kaum von Beugung betroffen und behält sein charakteristisches Strahlprofil. Das konnten Forscher bereits 2007 zeigen. Seither sind vor allem vier Gruppen aus den USA, Australien, China und Südkorea darauf erpicht gewesen, die dynamische Kontrolle über die Ausbreitung solcher Strahlen zu erlangen.
Abb.: Messungen (rechte Spalte) und numerische Simulationen der
dynamischen Kontrolle der Airy-Strahlen zeigen in a) und b), wie der Strahl
in verschiedene Richtungen gelenkt wird, und in c), wie er ein Hindernis umkurvt
(grauer Kreis). (Bild: X. Zhang, LBNL)
US-Forschern aus Berkeley und San Francisco ist nun dieser Schritt gelungen. Die Physiker koppelten mit einem optischen Gitter Airy-Strahlen in eine Goldoberfläche ein. Die Strahlen beeinflussten in der Goldoberfläche Elektronen so, dass sie durch das Lichtfeld wellenartig moduliert wurden. Diese als Plasmonen bekannten Elektronendichte-Wellen koppelten wiederum an die Photonen der einfallenden Airy-Strahlen. Dabei entstand Licht mit einer deutlich kürzeren Wellenlänge. Dieses Licht besitzt die Eigenschaft von Quasiteilchen, sogenannten Oberflächenplasmon-Polaritonen. Sie lassen sich nutzen, um rekonfigurierbare optische Verbindungen in photonischen Computerchips zu knüpfen, die die Maße heutiger Chips unterbieten.
Der Einsatz von Polaritonen bei der Verkleinerung von optoelektronischen Bauteilen wird schon seit längerem diskutiert. Allerdings war es bislang unmöglich die Quasiteilchen gezielt entlang einer Metalloberfläche zu steuern. Das gelang nun den Forschern aus Kalifornien auf zwei Wegen: Sie konnten zeigen, dass sie einerseits die Airy-Strahlen, und somit auch die durch sie erzeugten Polaritonen, mechanisch in ihrer Ausbreitung manipulieren konnten. Dazu verschoben sie die Objektivlinse, mit der die Strahlen auf die Goldoberfläche fokussiert wurden, um kleinste Nuancen. Andererseits konnten sie mit einem computergesteuerten räumlichen Lichtmodulator den Weg der Airy-Strahlen auf der Oberfläche bestimmen. Bisher war es nur mit permanent festaufgebrachten Nanostrukturen möglich Oberflächenplasmon-Polaritonen zu lenken. Dazu dienten Wellenleiter, Linsen, Strahlteiler und Reflektoren, die durch Strukturierung von Metalloberflächen oder das Aufbringen isolierender Schichten entstanden. „Wir haben eine neue Methode aufgezeigt, mit der sich Oberflächenplasmonen ohne jegliche führende Struktur leiten lassen“, sagt Xiang Zhang, Direktor des Nanoscale Science and Engineering Center in Berkeley und Leiter des Experiments.
Abb.: Mit einer von einem Computer gesteuerten „Cubic Phase Mask“ lässt sich die Bahn des Airy-Strahls kontrollieren.
(Bild: X. Zhang et al., LBNL)
Fast zeitgleich mit den Kaliforniern veröffentlichte eine Forschergruppe der Australian National University eine Pressemitteilung mit ähnlichem Inhalt. Ihnen sei es geglückt, Airy-Strahlen auf der Oberfläche eines Chips einzufangen, verkündeten die Forscher. Dabei hätten sie auch die „Selbstheilung“ der Strahlen beobachtet: Nachdem sie ein Hindernis, wie beispielsweise einen Defekt auf dem Chip umkurvt hatten, konnten sich die Strahlen wieder in ihre ursprüngliche Gestalt zurückversetzen. Die Ergebnisse der Australier erscheinen Ende August in den Physical Review Letters. Die Frage nach dem Sieger im Rennen um die erstmalige Manipulation von Airy-Strahlen auf einer Oberfläche wird wohl erst dann zu klären sein.
Philipp Hummel
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