02.10.2015

Protonenaustausch in Salzsäure

Infrarot-Spektroskopie zeigt neue Details zum Ladungstransport in wässrigen Lösungen.

Säure-Base-Reaktionen und viele biologische Prozesse hängen wesentlich vom Protonen­transport durch wässrige Lösungen ab. Vereinfacht werden Protonen über protonierte Wasser­moleküle, den Oxonium-Ionen, wie in einer Eimer­kette weiter gereicht. Dieser Mechanismus wurde bereits Anfang des 19. Jahrhunderts von Theodor Grotthuß entwickelt und erklärt die hohe Leit­fähigkeit wässriger Lösungen. Mit extrem kurzen Infrarot-Laser­pulsen gelang es nun einer Forscher­gruppe aus den USA, diesen Protonen­transport genauer zu analysieren.

Abb: Infrarot-Spektren zeigen die Schwingungsmoden in Wasser und wässriger Salzsäure. Sie offenbarten, dass Zundel-Komplexe eine dominante Rolle beim Protonentransport spielen. (Bild: M. Thämer et al. / AAAS)

Martin Thämer von der University of Chicago und seine Kollegen vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge identifizierten mit hoch auflösender Infrarot-Spektroskopie, welche Wasser-Komplexe tatsächlich am Protonen­transport beteiligt sind. Bisher ergaben sich aus molekular­dynamischen Simulationen zwei mögliche Kandidaten: Der Eigen-Komplex aus drei Wasser­molekülen verknüpft mit einem Oxonium-Ion und der Zundel-Komplex, in dem zwei Wasser­moleküle über ein einzelnes Proton miteinander verbunden sind.

Thämer und Kollegen regten nun mit kurzen Infrarot-Pulsen im Pump-Probe-Verfahren diese Wasser-Komplexe zu charakteris­tischen Streck- und Beuge-Schwingungen an. Zum Vergleich nahmen sie Spektren von reinem Wasser und Salzsäure-Lösungen verschiedener Konzen­trationen auf. Aus der Differenz dieser Spektren offenbarte sich ein deutliches Absorptions­signal bei einer Frequenz von 1760 cm-1. Dieses Signal konnten die Forscher eindeutig einer Beuge-Schwingung im Zundel-Komplex zuordnen, das sich linear mit zunehmender Säure-Konzentration verstärkte.

Einen weiteren Hinweis auf die dominante Rolle von Zundel-Komplexen beim Protonen­transport erkannten die Forscher knapp unterhalb des Absorptions­signals der Streck­schwingung von Hydroxyl-Gruppen von Wasser­molekülen bei einer Frequenz von 3400 cm-1. In wässriger Salzsäure entwickelte sich mit zunehmender Konzentration eine breite Absorptions­bande bei knapp 3000 cm-1, die eindeutig einer Streck­schwingung des Zundel-Komplexes zugeordnet werden konnte.

Die Pump-Probe-Analysen erlaubten auch eine Bestimmung der Lebens­zeit der Zundel-Komplexe mit einer unteren Grenze von 480 Femto­sekunden. Das war lang genug, um den sehr effizienten Protonen­transport in wässriger Salzsäure erklären zu können. Diese Ergebnisse lieferten ein detail­reiches Bild von der Wanderung positiver Ladungen in wässrigen Säuren und können zu einem besseren Verständnis von Säure-Base-Reaktionen, die sowohl in der chemischen Industrie als auch in biologischen Prozessen eine wesentliche Rolle spielen.

Jan Oliver Löfken

RK

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