Prototyp eines Plasmonik-Chips
Kompakter Prozessor vereint photonische und elektronische Komponenten.
Im Rahmen europäischer Horizon 2020-Forschungsprojekte haben Forscher der ETH Zürich einen Chip hergestellt, auf dem sich schnelle elektronische Signale direkt in superschnelle Lichtsignale umwandeln lassen, und zwar so, dass dabei praktisch keine Signalqualität verloren geht. Bedeutsam ist dieses Ergebnis für die Leistungsfähigkeit optischer Kommunikationsinfrastrukturen, die Daten mit Licht übertragen. Heute ermöglichen Glasfasernetze schnelles Internet, digitales Telefonieren, Fernsehen und netzbasierte Film- oder Audiodienste. Optische Netze erzielen Datenübertragungsraten im Bereich von Gigabits pro Sekunde. Die Grenze liegt bei 100 Gigabits pro Leitung und Wellenlänge. In Zukunft werden hingegen Übertragungsraten im Bereich von Terabits benötigt.
„Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, brauchen wir neue Lösungsansätze“, sagt Jürg Leuthold. „Der Schlüssel zu diesem Paradigmenwechsel liegt in der Zusammenführung von elektronischen und photonischen Bauelementen auf einem einzigen Chip.“ Dazu hat seine Arbeitsgruppe zusammen mit Partnern in Deutschland, den USA, Israel und Griechenland elektronische und photonische Bauelemente zum ersten Mal auf ein und demselben Chip zusammengefügt. Bis heute muss man diese Bauelemente getrennt voneinander auf je eigenen Chips herstellen und anschließend über Drähte miteinander verbinden. Das mindert die Leistung bei der Umwandlung der elektronischen Signale in Lichtsignale und begrenzt somit die Übertragungsgeschwindigkeit in lichtleitenden Kommunikationsnetzen.
„Wenn man die elektronischen Signale über getrennte Chips in Lichtsignale umwandelt, verliert man deutlich an Signalqualität. Dadurch wird auch die Geschwindigkeit der Datenübertragung mit Licht begrenzt“, sagt Ueli Koch, Postdoktorand in Leutholds Gruppe. Sein Lösungsansatz setzt deshalb beim Modulator an. Dieser befindet sich auf dem Chip und erzeugt Licht in einer bestimmten Intensität, indem er die elektrischen Signale in Lichtwellen umwandelt. Um dabei die Qualitäts- und Intensitätsverluste zu vermeiden, und das Licht, beziehungsweise die Daten, schneller als heute zu übertragen, muss der Modulator möglichst kompakt gebaut sein. Das wird erreicht, indem man die elektronischen und die photonischen Komponenten wie zwei Schichten dicht übereinanderlegt und direkt auf dem Chip verbindet.
Gescheitert ist dieser monolithische Ansatz in den vergangenen zwanzig Jahren daran, dass die Photonik-Chips viel größer sind als die elektronischen. Die Größe der photonischen Bauelemente machte es unmöglich, sie mit der Metall-Oxid-Halbleiter-Technologie (CMOS) zu kombinieren. „Den Größenunterschied zwischen Photonik und Elektronik haben wir nun überwunden, indem wir die Photonik durch Plasmonik ersetzten“, sagt Leuthold. Mit der Plasmonik lassen sich Lichtwellen in Strukturen zwängen, die viel kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts. Da die Plasmonik-Chips kleiner sind als elektronische, lassen sich nun tatsächlich viel kompaktere, monolithische Chips herstellen, die sowohl eine Photonik- als auch eine Elektronikschicht umfassen. Um die elektrischen Signale nun in noch schnellere optische umzuwandeln, enthält die photonische Schicht einen plasmonischen Intensitätsmodulator. Dieser beruht auf Metallstrukturen, die das Licht so kanalisieren, dass man höhere Geschwindigkeiten erzielen kann.
In der elektronischen Schicht wird die Geschwindigkeit zusätzlich erhöht. Mit einem „4:1-Multiplexverfahren“ werden vier Eingangssignale mit niedrigerer Geschwindigkeit so gebündelt und verstärkt, dass sie zusammen ein elektrisches Hochgeschwindigkeitssignal bilden. „Dieses wird dann in ein optisches Hochgeschwindigkeitssignal umgewandelt“, sagt Koch, „auf diese Weise konnten wir zum ersten Mal Daten mit mehr als 100 Gigabits pro Sekunde auf einem monolithischen Chip übertragen.“ Um diese Rekordgeschwindigkeit zu erreichen, kombinierten die Forschenden die Plasmonik nicht nur mit klassischer CMOS-Elektronik, sondern auch mit der noch schnelleren BiCMOS-Technologie. Außerdem verwendeten sie ein neues temperaturstabiles, elektrooptisches Material. Im Experiment ließ sich zeigen, dass man diese Technologien zu einem der schnellsten kompakten Chips zusammenbauen könne: „Wir sind überzeugt, dass diese Lösung in Zukunft eine schnellere Datenübertragung in optischen Kommunikationsnetzen ermöglichen kann.“
ETHZ / JOL