03.07.2020

Prototyp eines Plasmonik-Chips

Kompakter Prozessor vereint photonische und elektronische Komponenten.

Im Rahmen europäischer Horizon 2020-​Forschungs­projekte haben Forscher der ETH Zürich einen Chip hergestellt, auf dem sich schnelle elektronische Signale direkt in super­schnelle Lichtsignale umwandeln lassen, und zwar so, dass dabei praktisch keine Signal­qualität verloren geht. Bedeutsam ist dieses Ergebnis für die Leistungs­­fähigkeit optischer Kommunikations­­infrastrukturen, die Daten mit Licht übertragen. Heute ermöglichen Glasfasernetze schnelles Internet, digitales Telefonieren, Fernsehen und netzbasierte Film-​ oder Audio­dienste. Optische Netze erzielen Datenüber­tragungsraten im Bereich von Gigabits pro Sekunde. Die Grenze liegt bei 100 Gigabits pro Leitung und Wellenlänge. In Zukunft werden hingegen Übertragungs­raten im Bereich von Terabits benötigt.

Abb.: In einem kompakten Chip sind erstmals schnellste elek­tronische und...
Abb.: In einem kompakten Chip sind erstmals schnellste elek­tronische und licht­basierte Bauelemente in einer Komponente vereint. (Bild: ETHZ / Nat. Elec.)­

„Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, brauchen wir neue Lösungs­ansätze“, sagt Jürg Leuthold. „Der Schlüssel zu diesem Paradigmenwechsel liegt in der Zusammenführung von elektronischen und photonischen Bauelementen auf einem einzigen Chip.“ Dazu hat seine Arbeitsgruppe zusammen mit Partnern in Deutschland, den USA, Israel und Griechenland elek­tronische und photonische Bau­elemente zum ersten Mal auf ein und demselben Chip zusammengefügt. Bis heute muss man diese Bauelemente getrennt voneinander auf je eigenen Chips herstellen und anschließend über Drähte miteinander verbinden. Das mindert die Leistung bei der Umwandlung der elek­tronischen Signale in Licht­signale und begrenzt somit die Übertragungs­geschwindigkeit in lichtleitenden Kommunikations­netzen.

„Wenn man die elek­tronischen Signale über getrennte Chips in Lichtsignale umwandelt, verliert man deutlich an Signalqualität. Dadurch wird auch die Geschwindigkeit der Daten­übertragung mit Licht begrenzt“, sagt Ueli Koch, Postdoktorand in Leutholds Gruppe. Sein Lösungs­ansatz setzt deshalb beim Modulator an. Dieser befindet sich auf dem Chip und erzeugt Licht in einer bestimmten Intensität, indem er die elek­trischen Signale in Lichtwellen umwandelt. Um dabei die Qualitäts-​ und Intensitäts­verluste zu vermeiden, und das Licht, beziehungs­weise die Daten, schneller als heute zu übertragen, muss der Modulator möglichst kompakt gebaut sein. Das wird erreicht, indem man die elek­tronischen und die photonischen Komponenten wie zwei Schichten dicht über­einanderlegt und direkt auf dem Chip verbindet.

Gescheitert ist dieser mono­lithische Ansatz in den vergangenen zwanzig Jahren daran, dass die Photonik-​Chips viel größer sind als die elektronischen. Die Größe der photonischen Bauelemente machte es unmöglich, sie mit der Metall-​Oxid-Halbleiter-Techno­logie (CMOS) zu kombinieren. „Den Größen­unterschied zwischen Photonik und Elektronik haben wir nun überwunden, indem wir die Photonik durch Plasmonik ersetzten“, sagt Leuthold. Mit der Plasmonik lassen sich Lichtwellen in Strukturen zwängen, die viel kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts. Da die Plasmonik-​Chips kleiner sind als elek­tronische, lassen sich nun tatsächlich viel kompaktere, mono­lithische Chips herstellen, die sowohl eine Photonik-​ als auch eine Elektronik­schicht umfassen. Um die elektrischen Signale nun in noch schnellere optische umzuwandeln, enthält die photonische Schicht einen plas­monischen Intensitäts­modulator. Dieser beruht auf Metallstrukturen, die das Licht so kanalisieren, dass man höhere Geschwin­digkeiten erzielen kann. 

In der elektronischen Schicht wird die Geschwin­digkeit zusätzlich erhöht. Mit einem „4:1-​Multiplexverfahren“ werden vier Eingangs­signale mit niedrigerer Geschwindigkeit so gebündelt und verstärkt, dass sie zusammen ein elektrisches Hochgeschwin­digkeitssignal bilden. „Dieses wird dann in ein optisches Hochgeschwindig­keitssignal umgewandelt“, sagt Koch, „auf diese Weise konnten wir zum ersten Mal Daten mit mehr als 100 Gigabits pro Sekunde auf einem mono­lithischen Chip übertragen.“ Um diese Rekord­geschwindigkeit zu erreichen, kombinierten die Forschenden die Plasmonik nicht nur mit klassischer CMOS-​Elektronik, sondern auch mit der noch schnelleren BiCMOS-​Technologie. Außerdem verwendeten sie ein neues temperatur­stabiles, elektro­optisches Material. Im Experiment ließ sich zeigen, dass man diese Tech­nologien zu einem der schnellsten kompakten Chips zusammen­bauen könne: „Wir sind überzeugt, dass diese Lösung in Zukunft eine schnellere Daten­übertragung in optischen Kommunikations­netzen ermöglichen kann.“

ETHZ / JOL

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