Prototyp eines Quantenradars
Verschränkte Mikrowellenphotonen überflügeln klassische Radarsysteme.
Miteinander verschränkte Teilchen bleiben miteinander verbunden und teilen physikalische Eigenschaften, unabhängig davon, wie weit sie voneinander entfernt sind. Nun haben Wissenschafter der Forschungsgruppe um Johannes Fink am Institute of Science and Technology Austria in Klosterneuburg gemeinsam mit Stefano Pirandola vom Massachusetts Institute of Technology sowie David Vitali von der italienischen Universität Camerino eine neuartige Detektionstechnologie entwickelt: die Mikrowellen-Quantenillumination. Der Prototyp eines solchen Quantenradars ist in der Lage, Objekte in verrauschten thermischen Umgebungen zu erkennen, in denen klassische Radarsysteme oft versagen. Die neue Technologie, die auf der Verwendung verschränkter Mikrowellenphotonen basiert, könnte potenziell in biomedizinischen Niedrigenergie-Bildgebungsverfahren und Sicherheitsscannern zur Anwendung kommen.
Im Prinzip ist die Funktionsweise des Systems relativ einfach: Anstatt konventionelle Mikrowellen zu verwenden, verschränken die Forscher zwei Gruppen von Photonen, die als „Signal“ und „Idler“ bezeichnet werden. Die Signal-Photonen werden in Richtung des zu detektierenden Objekts ausgesandt, während die Idler-Photonen relativ isoliert, frei von Störungen und Rauschen gemessen werden. Wird das Signal zurückreflektiert, geht die Verschränkung zwischen Signal- und Idler-Photonen zum Großteil verloren, nur einige wenige Korrelationen bleiben bestehen. Diese erzeugen aber eine Signatur oder ein Muster bei der Rekombination der beiden Signale, das die Existenz oder Abwesenheit des Zielobjekts beschreibt – unabhängig vom Rauschen in der Umgebung
„Was wir gezeigt haben, ist der praktische Nachweis eines theoretischen Konzepts für Mikrowellen-Quantenradare“, sagt Shabir Barzanjeh, dessen bisherige Forschung dazu beigetragen hat, den theoretischen Rahmen um quantenbasierte Radartechnologie zu entwickeln. „Mithilfe von Quantenverschränkung, die bei einigen Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt erzeugt wurde, konnten wir Objekte mit sehr geringer Reflektivität bei Raumtemperatur detektieren.“ Obwohl die Verschränkung von Quantenteilchen prinzipiell sehr instabil ist, hat das neu entwickelte Gerät gegenüber herkömmlichen Radaren einige grundlegende Vorteile. So haben klassische Radarsysteme bei sehr kleinen Signalleistungen typischerweise eine geringe Empfindlichkeit, da sie Schwierigkeiten haben, die vom Objekt reflektierte Strahlung von natürlich auftretendem Hintergrundstrahlungsrauschen zu unterscheiden. Mit der Quantenillumination kann dieses Problem umgangen werden, da die Ähnlichkeiten zwischen den Signal- und Idler-Photonen die Unterscheidung der Signal-Photonen vom Umgebungsrauschen erleichtern.
„Die zentrale Aussage unserer Forschung ist, dass Quantenradare und Mikrowellen Quantenillumination nicht nur in der Theorie existieren, sondern auch in der Praxis möglich sind. Im Vergleich zu klassischen kohärenten Detektoren sehen wir unter denselben Bedingungen und bei sehr geringer Signalstärke, dass die quantenverstärkte Detektion überlegen sein kann“, sagt Barzanjeh. Die neuesten Forschungsergebnisse gelten zwar lediglich als praktischer Nachweis eines theoretischen Konzepts, jedoch konnten Barzanjeh und Kollegen ;eine neue Detektionsmethode demonstrieren, die in einigen Fällen dem klassischen Radar überlegen sein kann. „Wir sind gespannt auf die Auswirkungen unserer Forschung, insbesondere für Mikrowellensensoren mit kurzer Reichweite“, so Barzanjeh. Johannes Fink ergänzt: „Dieses wissenschaftliche Ergebnis war nur möglich durch die enge Zusammenarbeit von theoretischen und experimentelle Physikern die neugierig sind wie man Quantenmechanik nutzen kann um klassische Schranken in der Sensorik zu durchbrechen. Um einen Nutzen aus unserer Forschung zu ziehen, brauchen wir darüber hinaus aber auch die Unterstützung erfahrener Elektroingenieure denn es gibt noch viel zu tun bevor das Konzept in der Praxis angewendet werden kann.“
IST Austria / JOL