14.02.2018

Prozessoptimierung mit Neutronen

Herstellung von Keramik-Varistoren mit Neutronen-Bildgebung verbessert.

In einer Zusammenarbeit haben Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI gemeinsam mit Ingenieuren des Technologie­unternehmens ABB sowie Wissenschaftlern des ABB-Forschungs­zentrums Hoch­leistungs­bauteile aus Keramik untersucht. Die am PSI durchgeführte dreimonatige Machbarkeitsstudie hatte zum Ziel, die Prozesse bei der Herstellung der Keramik­bauteile besser zu verstehen. Die Bauteile werden am ABB-Standort in Wettingen, Aargau, produziert. Mit den Studien­ergebnissen hat die ABB eine wichtige Grundlage, um eine Produktions­steigerung bei gleich­bleibender Qualität der Keramik­bauteile zu lancieren.

Abb.: Eine Charge der Keramik-Varistoren, die zur Neutronen-Bildgebung ans PSI kamen. (Bild: PSI / M. Dzambegovic)

Für ihre Untersuchungen der Keramikbauteile setzten die Forscher auf eine besondere Art der Qualitäts­kontrolle: Sie nutzten die Bildgebung mittels Neutronen, welche weltweit nur an wenigen Forschungs­instituten verfügbar ist. Am PSI ist die Bildgebungs­methode solide etabliert und erlaubt einen besonderen, zerstörungs­freien Blick ins Innere von Materialien und Bauteilen. Im Falle der Keramiken nutzten die Forscher die Neutronen-Bild­gebung, um Material­veränderungen zu untersuchen, die während des Ausbrennens der Keramik geschehen.

Bei den in Wettingen hergestellten Keramik­bauteilen handelt es sich um sogenannte Varistoren: spannungs­abhängige elektrische Widerstände, die im Mittel- und Hoch­spannungs­bereich eingesetzt werden, also beispiels­weise in den Übertragungs­leitungen von Kraftwerken zu Verteil­anlagen. Dort schützen sie die Leitung vor Über­spannungen wie etwa bei Blitz­einschlag. Die in Wettingen hergestellten zylinder­förmigen Varistoren haben ungefähr die Größe von Eishockey-Pucks. Sie bestehen aus einer besonderen Zinkoxid-Keramik, und ein Produktions­schritt erfordert es, die Bauteile in einem Spezial­ofen auf bis zu 1200 Grad Celsius zu erhitzen. Die Varistoren der ABB Wettingen zeichnen sich durch eine verlässlich hohe Qualität aus und sind dadurch weltweit konkurrenz­fähig. Um die Produktion zu steigern und dadurch auch in Zukunft wettbewerbs­fähig bleiben zu können, wollten die ABB-Mitarbeiter herausfinden, wie weit sich die Anzahl der zeitgleich im Ofen gebrannten Varistoren erhöhen lässt, ohne dass es zu Qualitäts­einbußen kommt. „Mithilfe unserer Neutronen­bilder von verschiedenen Varistoren aus speziellen Versuchsreihen konnten wir diese Frage fundiert beantworten“, sagt PSI-Forscher Christian Grünzweig.

Die dreimonatige Machbarkeitsstudie wurde vom Hightech Zentrum Aargau im Rahmen der Innovations­förderung für Aargauer Unternehmungen mit 20.000 Schweizer Franken gefördert. „Für das Projekt haben sich das PSI, die ABB und das Hightech Zentrum zusammen­gefunden. Damit können wir wirklich mal die ‚Power of Aargau‘ zeigen“, freut sich Grünzweig.

Die Neutronenbildgebung am PSI erwies sich als vorteilhaftes Untersuchungsverfahren, weil Neutronen besonders von den Atomen des Wasserstoffs von ihrer geraden Bahn abgelenkt werden – sodass sich Wasserstoff als Kontrast im Neutronenbild zeigt. Die Keramik-Varistoren werden aus einer trockenen Pulver­mixtur hergestellt, die mit einem flüssigen Binder vermischt wird. Letzterer enthält Wasserstoff. Dadurch lässt sich mittels Neutronen die Verteilung des Binders in der Keramik gut sichtbar machen.

Das Erhitzen der Keramikbauteile brennt diesen Binder aus. „Unsere Neutronenbilder konnten sichtbar machen, wie gut und wie gleichmäßig das Ausbrennen des Binders funktioniert“, sagt David Mannes, der zusammen mit Grünzweig am PSI forscht. „Weil wir Varistoren aus verschiedenen Versuchs­reihen angeschaut haben, die bei unterschiedlich voll beladenem Ofen ausgebrannt worden waren, konnten wir eindeutig sagen, ab welcher Beladungs­dichte im Ofen die Qualität der Varistoren leidet – und bis zu welcher noch nicht.“ Und Michael Hagemeister, Gruppen­leiter Forschung und Entwicklung für Metalloxid-Varistoren bei ABB Wettingen, ergänzt: „Auf dieser Datenbasis konnten wir schließlich ermitteln, wie viele Varistoren sich ohne Qualitäts­einbußen gleichzeitig in unserem Ofen brennen lassen.“

PSI / DE

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