Pulsare entlarven schwarzes Loch mittlerer Masse
Regelmäßigkeit der Radiopulse ermöglicht genaue Vermessung des Gravitationsfelds in einem Kugelsternhaufen.
Bislang kennen Astronomen zwei Arten von schwarzen Löchern. Zum einen stellare schwarze Löcher, kollabierte Endstufen der Entwicklung massereicher Sterne. Zum anderen supermassereiche schwarze Löcher in den Zentren von Galaxien. Letztere finden sich als Quasare und aktive Galaxienkerne bereits im jungen Kosmos. Das wirft die Frage auf, wie innerhalb weniger hundert Millionen Jahren aus stellaren schwarzen Löchern mit einigen zehn Sonnenmassen schwarze Löcher mit der mehrmillionen- bis mehrmilliardenfachen Sonnenmasse entstehen konnten.
Abb.: Der 17.000 Lichtjahre entfernten Kugelsternhaufen 47 Tucanae ist nach Omega Centauri der zweithellste Kugelsternhaufen am Himmel. Er enthält mehrere Millionen Sterne. (Bild: NASA / ESA)
Die von den meisten Forschern favorisierte Antwort auf diese Frage geht von einer schnellen Verschmelzung stellarer schwarzer Löcher in den Zentren kompakter Sternenansammlungen aus. Wenn sich aus diesen Sternenansammlungen dann Galaxien bilden, verschmelzen diese schwarzen Löcher mit jeweils mehreren hundert oder tausend Sonnenmassen sukzessive zu immer massereicheren schwarzen Löchern. Das Problem: Bislang gelang es den Astronomen nicht, die Existenz solcher schwarzer Löcher mittlerer Masse nachzuweisen.
Bei der Suche nach diesen Objekten haben die Forscher insbesondere Kugelsternhaufen ins Visier genommen, kompakte Ansammlungen aus mehreren Hunderttausend bis Millionen Sternen, in deren Zentralregionen genau die Bedingungen herrschen, unter denen sich gemäß obigem Szenario schwarze Löcher mittlerer Masse bilden sollten. Doch die Suche nach der charakteristischen Radio- und Röntgenstrahlung, die beim Einfall von Materie in schwarze Löcher freigesetzt wird, aus den Zentralregionen von Kugelsternhaufen erwies sich als erfolglos. Und auch der Versuch, außergewöhnlich massereiche Objekte im Zentrum anhand der Dynamik der Sterne in Kugelsternhaufen nachzuweisen, misslang: Die Daten liefern lediglich obere Grenzen für die Masse zentraler schwarzer Löcher. Mit anderen Worten: Es könnten zwar schwarze Löcher mittlerer Größe vorhanden sein, die Sternbewegung lässt sich aber ebenso gut ohne solche Objekte erklären.
Bülent Kzltan und Abraham Loeb vom Harvard-
Der Vergleich zwischen Simulationen und Beobachtungsdaten liefert einen wahrscheinlichsten Wert für die Masse des zentralen schwarzen Lochs von 47 Tucanae von 2200 Sonnenmassen. Die Untergrenze liegt bei 800, die Obergrenze bei 3700 Sonnenmassen. Hält diese Analyse der kritischen Überprüfung durch andere Forscher stand, so wäre es der erste gelungene Nachweis eines schwarzen Lochs mittlerer Masse – und damit ein wichtiges Schritt zur Bestätigung des Szenarios für die Entstehung supermassereicher schwarzer Löcher.
Überraschend bleibt für die Forscher, dass von diesem schwarzen Loch weder Radio- noch Röntgenstrahlung ausgeht. „Im Gegensatz zu unseren Erwartungen ist die Zentralregion des Kugelsternhaufens also offenbar arm an Gas“, so Loeb und seine Kollegen. Denn wenn Gas in ein schwarzes Loch hineinfallen würde, würde es sich aufheizen und Strahlung aussenden. Ein solcher Mangel an Gas könnte auch erklären, warum die Suche nach der typischen Strahlung schwarzer Löcher aus den Zentralregionen von Kugelsternhaufen bislang erfolglos war.
Rainer Kayser
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