02.03.2020

Quanten beim Springen zusehen

Messvorgang unter kontinuierlicher Beobachtung aufgenommen.

Mithilfe von Anwendungen wie Lasern oder hochsensiblen Elektronen­mikroskopen möglich, Messungen an quanten­physikalischen Teilchen vorzunehmen. Was genau während eines solchen Mess­prozesses passiert, ließ sich bisher jedoch nur anhand von theoretischen Modellen erklären. Matthias Kleinmann von der Universität Siegen ist es zusammen mit Kollegen aus Sevilla und Stockholm erstmals gelungen, die Messung eines Atoms exakt zu beobachten und zu analysieren. 
 

Abb.: Das Atom wird für das Experiment in einer Ionenfalle festgesetzt. (Bild:...
Abb.: Das Atom wird für das Experiment in einer Ionenfalle festgesetzt. (Bild: U. Stockholm)

„Messungen waren in der Quantenphysik schon immer ein schwieriges Thema. Zwar können wir anhand mathematischer Berechnungen sagen, mit welcher Wahr­scheinlichkeit bestimmte Messergebnisse auftreten. Wie diese Ergebnisse entstehen, was also während des Messvorgangs genau vor sich geht, war bisher aber ein Mysterium“, erklärt Kleinmann. Den Mess­prozess zu analysieren, habe ihn schon lange gereizt. Allerdings fehlten dazu in der Vergangenheit die technischen Möglichkeiten.

Mithilfe hochmoderner Messtechnik ist es Kleinmann und seinen Kollegen aus Sevilla und Stockholm nun jedoch gelungen, eine Quantenmessung zu „filmen“. Die Forscher haben dazu ein Atom elektrisch aufgeladen und es in einem elektro­magnetischen Feld festgesetzt. Mithilfe eines Lasers nahmen sie anschließend eine Messung des Systems vor – und konnten dabei die Quantenzustände zu unterschiedlichen Zeiten während des Mess­prozesses festhalten. „Der gesamte Mess­vorgang findet innerhalb einer millionstel Sekunde statt. Wir haben diesen Prozess künstlich verlangsamt, um ihn abbilden zu können“, sagt Kleinmann. 

Die Ergebnisse des Experiments zeigen unter anderem, dass sich das System während der Messung nicht sprunghaft und übergangslos verändert, sondern graduell und fließend. „Wir konnten damit beweisen, dass die alte Mär von den ‚Quanten­sprüngen‘ nicht stimmt“, erklärt der Siegener Physiker. Mit ihrem Versuch konnten er und seine Kollegen außerdem erstmals existierende theoretische Modelle zum Messprozess experimentell bestätigen – ein Durchbruch auf dem Weg zu einem besseren Verständnis von Quanten­messungen.

Vorschlag und theoretische Analyse des Experiments lagen bei Kleinmann und seinem spanischen Kollegen Adán Cabello von der Universität Sevilla, durchgeführt wurde es von den schwedischen Kollegen um Markus Hennrich an der Universität in Stockholm. „Dort wird, wie auch in Siegen, sehr intensiv an der Entwicklung des Quanten­computers gearbeitet – und dort existiert die benötigte Mess­technik“, sagt Kleinmann. Die Idee zu dem Experiment war ihm während eines Besuchs in den Stockholmer Laboren gekommen, die schwedischen Physiker haben die Messungen daraufhin implementiert. „Es handelt sich um ein erfolgreiches Produkt aus der Arbeit am Quanten­computer“, beschreibt Kleinmann die ungewöhnliche Kooperation. 

U. Siegen / DE
 

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