Quanten-Krypto-Uplink
Polarisationszustände einzelner Photonen, die von Satelliten reflektiert wurden, auf der Erde gemessen.
Die von politischer Seite instrumentalisierte und hingenommene Totalüberwachung sämtlicher Kommunikationsnetze ist nicht nur eine fortgesetzte Verletzung verfassungsmäßig garantierter Grundrechte. Sie ist vor allem eine Herausforderung an die Zivilgesellschaft und die Industrie, künftig andere Methoden der Datenübertragung und -speicherung zu entwickeln, die den unrechtmäßigen Eingriff in Privatsphäre und Unternehmensgeheimnisse zumindest so weit erschweren, dass er sich auch für Geheimdienste nur noch unter hohem Aufwand bei lohnenden Zielen durchführen lässt.
Abb.: Über Polarisationszustände lassen sich per Laserstrahl Quantenschlüssel zwischen Satelliten und Bodenstationen austauschen. (Bild: A. Stonebraker / APS)
Eine wichtige Rolle für die weltweite Kommunikation könnte hier in Zukunft die Quanten-
Es ist zwar schon seit über dreißig Jahren bekannt, dass sich Polarisationszustände von Photonen dazu nutzen lassen, absolut sichere Kommunikationsschlüssel auszutauschen. Ein solches Protokoll, das auch die Forscher aus Padua nun realisiert haben, ist das sogenannte BB84-Protokoll. Bei der Verteilung des Quantenschlüssels schickt der Absender eine Reihe von Photonen ab. Diese können vier unterschiedliche Polarisationszustände annehmen: horizontal und vertikal sowie links- und rechtshändig zirkular polarisiert. Der Empfänger muss dann lediglich diese Polarisationszustände messen. Verwendet man einen solchen Schlüssel nur einmal, ist im Prinzip eine völlig abhörsichere Kommunikation möglich – vorausgesetzt, man nutzt wirklich nur einzelne Photonen; denn bei Photonenbündeln könnte ein Mitlauscher jeweils ein Photon abgreifen und dieses auslesen, ohne dass Sender und Empfänger dies nachvollziehen können.
In Luft lassen sich Quantenschlüssel aufgrund der unvermeidbaren atmosphärischen Turbulenzen und der Erdkrümmung nur über mittlere Strecken übertragen. Bislang ließen sich hier Distanzen im Bereich von 100 bis 150 Kilometern erreichen. Die größte Menge an Daten läuft ohnehin über Glasfasernetze. Mittlerweile ist es möglich, Quantenschlüssel über Glasfaserkabel über eine Distanz von einigen hundert Kilometern auszutauschen. Über weitere Strecken hingegen erfahren die Photonen in den Glasfasern eine zunehmende Abschwächung und Streuung. Ein weltumspannendes Quanten-Kommunikationsnetzwerk wird damit schwierig. Zwar lassen sich Signale an Verstärkerstationen auffrischen. Doch bräuchte man rund um den Globus eine Vielzahl solcher Stationen, was die Komplexität und Mitlauschmöglichkeiten entsprechend erhöht und damit die Datensicherheit korrumpiert. Kommunikation im luftleeren Weltall über Satelliten wird deshalb von vielen Forschern als das Mittel der Wahl angesehen.
Die Idee der Forscher von der Universität Padua: Sie schickten Laserpulse von einer Bodenstation zu verschiedenen Satelliten, auf denen spezielle Retroreflektoren angebracht waren. Sie nutzten hierzu spezielle Tripelspiegelreflektoren, die mit einer metallischen Oberfläche versehen waren. Dadurch blieb der Polarisationszustand der Photonen bei der Reflexion ungestört. Eine besondere Rolle spielte aufgrund der schnellen Bewegung der Satelliten die exakte Synchronisierung der Pulse. Die Forscher nutzen einen Hauptoszillator, der bei einer Wiederholrate von 100 Megahertz rund 100 Pikosekunden lange Pulse erzeugte, die mit der Atomuhr des Matera Laser Ranging Observatory synchronisiert waren. Dieses Observatorium dient normalerweise der präzisen Positionsbestimmung von Satelliten. Die Leistung ihrer Uplink-Pulse wählten die Forscher so, dass im Schnitt ungefähr ein Photon pro Puls wieder zurück auf die Erde reflektiert wurde.
Die Forscher testeten ihr Verfahren an insgesamt fünf Satelliten. Bei vier von ihnen erhielten sie auslesbare Signale zurück. Über eine Verbindungsdauer von 85 Sekunden konnten die Forscher eine Quantenbit-Fehlerrate von 4,6 Prozent erzielen. Diese vier Satelliten – Jason-2, Larets, Starlette und Stella – besitzen metallbeschichtete Retroreflektoren. Zum Vergleich überprüften die Wissenschaftler ihre Methode auch an einem fünften Satelliten namens Ajisai, dessen zahlreiche Reflektoren unbeschichtet waren. Dieser lieferte keine brauchbaren Daten, da die Polarisationszustände nicht ausreichend erhalten blieben.
Vielversprechend an dem Verfahren ist vor allem, dass die benötigten Tripelspiegelreflektoren nur wenige Zentimeter groß sein müssen und damit keine besondere Zusatzlast auf Satelliten bedeuten würden. Damit zeigt das Verfahren der italienischen Wissenschaftler einen interessanten Weg zu künftiger, abhörsicherer Kommunikation auf. Als Bodenstationen eignen sich übliche Satelliten-
Aber auch hier liegt der Teufel im Detail: Auf der Empfängerseite kommt zwar im Schnitt nur ungefähr ein Photon an. Hier lässt sich nicht ohne weiteres mitlauschen. Zum Satelliten gelangen jedoch deutlich mehr Photonen. Würde ein Geheimdienst dort eine versteckte Ausleseelektronik anbringen, könnte er Photonen entwenden und damit den Schlüssel knacken. Satelliten, die derartige Techniken nutzen, müssten deshalb unter völliger Transparenz von der Produktionsstätte bis in den Orbit gebracht werden.
Dirk Eidemüller
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