29.10.2019

Quanten-Netzwerk mit gequetschen Mikrowellen

Sichere Quantenkommunikation in lokalem Netz dank geschickter Mikrowellen-Verschränkung realisiert.

Noch gibt es weltweit keinen universellen Quantencomputer. Doch einem internationalen Team um die TUM-Physiker Rudolf Gross, Frank Deppe und Kirill Fedorov ist es nun erstmals gelungen, in einem lokalen Netzwerk eine abhörsichere Quanten­kommunikation zu realisieren – über ein supra­leitendes Kabel auf einer Distanz von 35 Zentimetern. „Wir haben damit die Grundlage für die Realisierung von Quanten­kommunikations­systemen im sehr wichtigen Mikrowellen­bereich gelegt“, sagt Rudolf Gross, Professor für Technische Physik an der TU München und Direktor des Walther-Meißner-Instituts (WMI), an dem die Versuche stattfanden. „Dies ist ein Meilenstein. Damit ist das Quanten­internet auf Basis von supra­leitenden Schaltungen und Mikrowellen­kommunikation nun in Reichweite.“
 

Abb.: Am Walther-Meissner-Institut entwickelter Quanten­schalt­kreis, mit dem...
Abb.: Am Walther-Meissner-Institut entwickelter Quanten­schalt­kreis, mit dem verschränkte Mikro­wellen-Zustände erzeugt werden können. (Bild: A. Battenberg / TUM)

Die Forscher am WMI leisten seit mehr als einem Jahrzehnt Pionierarbeit auf dem Gebiet der Ausbreitung von Quanten-Mikrowellen. Dafür mussten sie zunächst nachweisen, dass Mikrowellen­strahlung überhaupt quanten­mechanische Eigenschaften haben kann, was, anders als bei sichtbarem Licht, aufgrund der geringen Energie der Mikrowellen­photonen technisch extrem herausfordernd war. 

Um störende Einflüsse zu eliminieren, fanden die Experimente bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt statt. In besonderen Kühlvorrichtungen gelang es den Physikern schließlich, im Mikrowellenbereich etwa das Prinzip der Verschränkung zu belegen, einer wichtigen Grundlage für sichere Quanten­kommunikation.

Die aktuelle Arbeit bringt die Physiker nun der Anwendung einen Schritt näher: „Quantum Remote State Preparation“ heißt das Kommunikations­protokoll. Dabei wird ein Quantenzustand an einem entfernt liegenden Ort hergestellt, ohne ihn direkt zu senden. Anschaulich kann man sich das Konzept so vorstellen: Zwei Personen, nennen wir sie Anna und Bert, befinden sich an zwei verschiedenen Orten. 

Möchte nun Anna Bert eine Information zukommen lassen, bekommen beide nun einen Teil eines verschränkten quantenmechanischen Zustands mitgeteilt. Anna führt dann zunächst eine Messung an ihrem Teil des Zustands aus und übermittelt das Ergebnis klassisch an Bert. Der vollzieht eine vom Ergebnis abhängige Operation an seinem Teil des verschränkten Zustands und erhält so den Quantenzustand, den Anna ihm mitteilen will. Dritte können mit dem zwischendurch übermittelten klassischen Messergebnis allein nichts anfangen, sie bräuchten dazu den verschränkten Zustand. Eine Kommunikation mit diesem Protokoll ist daher absolut abhörsicher.

Als Quantenzustand nutzen die Forscher einen gequetschten Mikrowellenzustand. Dabei handelt es sich um eine besondere Ausprägung einer elektro­magnetischen Welle, die nur mit Hilfe der Quantenmechanik erklärt werden kann. Vakuum­fluktuationen einer Welle werden dabei in einer bestimmten Richtung unterdrückt und in der dazu senkrechten verstärkt. Aus zwei solchermaßen gequetschten Zuständen lässt sich ein verschränkter Mikrowellen­zustand erzeugen. Die Technik dazu haben die Physiker ebenso wie andere wichtige Details, beispielsweise supraleitende Quanten­schaltkreise, eigens am Walter-Meißner-Institut in Garching entwickelt.

Das neue Konzept könnte eine revolutionäre Entwicklung auslösen. „Die experimentelle Realisierung einer sicheren Quanten­kommunikation im Mikrowellen­bereich ist ein wichtiger Schritt hin zum verteilten Quanten­rechnen ", sagt Frank Deppe, am WMI-Koordinator des Europäischen Flaggschiff-Projekts Quantum Microwave Communication and Sensing (QMiCS). 

Die Forscher halten auch deutlich größere Abstände zwischen Quanten­rechnern für möglich. Eine Heraus­forderung stellt hier die Entwicklung und Vermessung mehrerer Meter langer, gekühlter Quantenkabel dar. „Wir arbeiten im Rahmen von QMiCS bereits an einer Erweiterung auf sieben Meter Entfernung“, sagt Gross. „Damit rückt die Vernetzung von supraleitenden Quantenrechnern in Reichweite.“

TUM / DE
 

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