Quanten-Spinketten aus Kohlenstoff
Beweis für eines der wichtigsten Modelle des Quantenmagnetismus.
Unter der Leitung des Materialforschungsinstituts Empa in der Schweiz und des International Iberian Nanotechnology Laboratory gelang es einem internationalen Forscherteam erstmals, Quanten-Spinketten aus Kohlenstoff zu bauen. Mittels Rastertunnelmikroskopie lieferten sie experimentelle Beweise für eines der wichtigsten Modelle des Quantenmagnetismus: die Haldane-Phase, erstmals 1983 vorhergesagt von F.D.M. Haldane, einem der drei Träger des Physik-Nobelpreises 2016. Die Ergebnisse könnten zu einem besseren Verständnis des Quanten-Magnetismus führen und einen Beitrag zum aufstrebenden Gebiet des Quantum Computing leisten.
In den 1980er Jahren sagte F.D.M. Haldane voraus, dass eine Kette von aneinandergereihten Spin-1-Bausteinen „fraktioniert“ sein sollte, so dass sich die letzten Einheiten der Kette wie Spin-½-Objekte verhalten. Ähnlich wie ein Zauberer, der eine Person in zwei Hälften sägt und sie dann auseinanderschiebt, teilen also Quantenkorrelationen in der Kette einen Spin 1 in zwei Spin-½-Einheiten. Diese Vorhersage im Labor zu testen, war aus verschiedenen Gründen schwierig, vor allem, weil herkömmliche Materialien nicht eindimensional sind. Indirekte Beweise für die Spinfraktionierung wurden zwar in Kristallen aus metallorganischen Verbindungen gefunden, die solche Spin-Ketten enthalten, aber eine direkte Beobachtung des Phänomens war nicht möglich.
Nun hat das internationale Forscherteam einen bemerkenswerten Weg gefunden, den Beweis für Haldanes fast vierzig Jahre alte Theorie zu erbringen. Mittels einer Kombination organischer Chemie und Oberflächenchemie im Ultrahochvakuum hat das Team eindimensionale Spin-Ketten aus Kohlenstoff fabriziert. Als Baustein diente ein dreieckiges aromatisches Kohlenwasserstoffmolekül mit Spin 1 – Triangulen. Die Triangulen-Moleküle wurden im Ultrahochvakuum erhitzt und verbinden sich so zu ausgedehnten Molekülketten. Mit Hilfe eines Rastertunnelmikroskops untersuchte das Team um Roman Fasel, Pascal Ruffieux und Shantanu Mishra dann die magnetischen Anregungen dieser Ketten auf einer Goldoberfläche. Sie beobachteten, dass die jeweils äußersten Kettenglieder der Triangulen-Ketten ;Kondo-Resonanzen aufwiesen – ein charakteristischer spektroskopischer Fingerabdruck von Spin-½-Quantenobjekten in Kontakt mit einer Metalloberfläche.
Die Forscher sind überzeugt, dass leicht und direkt zugängliche molekulare Spinsysteme mit stark korrelierten Elektronen eine fruchtbare experimentelle Umgebung für die Entwicklung und Überprüfung neuer theoretischer Konzepte bieten werden. Nebst der Erforschung linearer Spinketten haben die Wissenschaftler vor allem auch zweidimensionale Netzwerke von Quantenmagneten im Fokus. Solche Spin-Netzwerke sind eine vielversprechende Materialplattform für das Quantum Computing.
Empa / JOL