26.11.2018

Quantendiamanten für das Herz

Stickstoff-Fehlstellen-Sensoren bringen hyperpolarisierte Magnetresonanztomographie voran.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit die häufigste Todes­ursache. Bis heute sind trotz wichtiger Fort­schritte in der Diagnostik und Therapie einige Bereiche mit hohem Bedarf noch nicht ab­gedeckt. Um die kardio­vaskuläre medizinische Diagnostik zu personalisieren und bessere Mess­ergebnisse zu erhalten, müssen das Herz, Organe und Tumore auf molekularer Ebene charakterisiert werden können. Das Projekt MetaboliQs kombiniert diamant­basierte Quanten­sensorik und medizinische Bild­gebung, um das Verständnis für krank­heits­bedingte molekulare Veränderungen im Körper zu verbessern und dadurch die personalisierte Diagnostik von kardio­vaskulären Krank­heiten voran­zutreiben.

Abb.: Die in MetaboliQs verwendete Technik basiert auf der Hyper­polarisation von Marker­molekülen wie Pyruvat für die Magnet­resonanz­tomographie (MRT). (Bild: C. Nebel, Fh.-IAF)

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist seit Jahr­zehnten als sichere, nicht-invasive und nicht-radio­aktive Methode zur Diagnose von Herz-Kreislauf-Erkrankungen weit verbreitet. Aufgrund ihrer begrenzten Empfindlich­keit können jedoch selbst die teuersten MRT-Scanner (mit den stärksten Magneten) molekulare und Stoff­wechsel-Aktivitäten im Herzen nicht mit aus­reichender Empfind­lichkeit erkennen und visualisieren. Hier spielen aktuelle MRT-Techniken mittels Hyper­polarisation eine zentrale Rolle, da sie es ermöglichen, die Empfind­lichkeit der MRT um bis zu fünf Größen­ordnungen zu erhöhen. Leider dauert der Hyper­polarisierungs­prozess sehr lange (90 bis 180 Minuten pro Verfahren), ist extrem kost­spielig und um­ständlich (über zwei Millionen Dollar Anschaffungs­kosten für Anlagen in der Größe eines ganzen Raumes) und erfordert zudem Temperaturen von unter -270 Grad Celsius. Das Projekt MetaboliQs zielt daher darauf ab, durch Fort­schritte in der Quanten­physik eine neue Methode für die MRT zu entwickeln.

Das Verfahren, welches auch als „Hyper­polarisierte MRT“ bezeichnet wird, ermöglicht die Darstellung und Visualisierung wichtiger Stoffwechsel­substrate im Herzen und anderen Organen (z.B. Niere, Leber) durch Hyper­polarisation von Kern­spins körper­eigener und un­giftiger Substrate. Auf diese Weise lassen sich eine Reihe wichtiger Stoff­wechsel­reaktionen nicht-invasiv verfolgen. Diese bahn­brechende Technologie wird eine bisher unerreichte, hoch­sensitive Quantifizierung der Stoff­wechsel­aktivität ermöglichen und den Weg ebnen für eine präzise Diagnose und eine auf den Patienten zugeschnittene Behandlungen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. So wird es beispiels­weise möglich sein, Patienten, die am wahr­scheinlichsten von invasiven oder pharma­kologischen Behandlungen profitieren, von denen zu unterscheiden, für die andere medizinische Behandlungs­methoden ziel­führender wären. Zudem können Patienten im Früh­stadium der Krank­heit deutlich besser diagnostiziert werden.

Das Projekt MetaboliQs wird die trans­formativen Eigen­schaften von Diamant-Stickstoff-Vakanzen, wie die hohe Quanten­kohärenz und Quanten­kontrolle, nutzen, um einen Durch­bruch in der hyper­polarisierten MRT zu ermöglichen: Ein kosten­günstiger und durchsatz­starker Diamant­polarisator, der sich mit jeglichem, kommerziellen MRT-Scanner verwenden lässt und Ergebnisse inner­halb von Minuten statt Stunden liefert.

Diese einzigartige Nutzung der Quanten­kohärenz wird durch eine neue Technologie zum atomaren Wachstum von Diamant­material („quantum grade“ Diamant) ermöglicht. Darunter fallen beispiels­weise C-12-Isotopen­reinigung, präzise Kontrolle der Stickstoff­defekt­konzentration und Nano­fertigung der Diamant­oberfläche.

Das MetaboliQs-Konsortium bietet durch seine Kombination aus führenden Forschungs­instituten und innovativen Unter­nehmen die notwendige umfassende Expertise, um die ehrgeizigen Ziele des Projekts zu erreichen und bahn­brechende Entwicklungen in der hyper­polarisierten MRT im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen Realität werden zu lassen. Das Projekt MetaboliQs ist Teil der von der Europäischen Union geförderten Gesamt­initiative „Quantum Flagship“. Das Projekt MetaboliQs startete im Oktober 2018 und läuft bis Ende 2021.

Fh.-IAF / DE

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