Quanteninternet: Defektzentren in Diamant-Nanostrukturen als Quantenbits
Grundstein für tausendfache Verbesserung der Kommunikationsraten zur Überbrückung weiter Distanzen.
Diamantmaterial ist von großer Bedeutung für Zukunftstechnologien wie das Quanteninternet. Spezielle Defektzentren können als Qubits genutzt werden und einzelne Photonen aussenden. Um eine Datenübertragung mit praktikablen Kommunikationsraten über weite Distanzen im Quantennetzwerk zu ermöglichen, müssen alle Photonen in Glasfasern eingesammelt und übermittelt werden, ohne verloren zu gehen. Dabei muss außerdem gewährleistet werden, dass diese Photonen alle die gleiche Farbe, also die gleiche Frequenz, haben. Doch das war bisher unmöglich. Einem Forschungsteam unter der Leitung von Tim Schröder an der Humboldt-Universität zu Berlin ist es jetzt erstmalig gelungen, Photonen mit stabilen Photonenfrequenzen zu erzeugen und nachzuweisen, die von Quantenlichtquellen, genauer: von Stickstoff-Fehlstellen-Defektzentren in Diamant-Nanostrukturen, emittiert wurden.
Das wurde durch eine sorgfältige Wahl des Diamantmaterials, hochentwickelte Nanofabrikationsmethoden und spezielle experimentelle Kontrollprotokolle möglich. Durch die Kombination der Methoden kann das Rauschen der Elektronen, das bisher die Datenübertragung gestört hat, signifikant reduziert werden und die Photonen werden auf einer stabilen Frequenz ausgesendet. Zudem zeigen die Forscher, dass man perspektivisch mit Hilfe der entwickelten Methoden die gegenwärtigen Kommunikationsraten zwischen räumlich getrennten Quantensystemen mehr als tausendfach erhöhen kann, so dass sie einem zukünftigen Quanteninternet einen wichtigen Schritt näher gekommen sind.
Die Wissenschaftler haben einzelne Qubits in optimierte Diamant-Nanostrukturen integriert. Diese Strukturen ermöglichen es, einzelne ausgesendete Lichtteilchen in Glasfasern gerichtet zu überführen. Bei der Herstellung der Nanostrukturen wird allerdings die Materialoberfläche auf atomarer Ebene beschädigt und freie Elektronen erzeugen unkontrollierbare Störungen für die erzeugten Lichtteilchen. Ein Rauschen, das vergleichbar ist mit einer unstabilen Radiofrequenz, führt zu Schwankungen in der Photonenfrequenz und verhindert somit erfolgreiche Quantenoperationen, wie beispielsweise Verschränkung.
Eine Besonderheit in dem genutzten Diamantmaterial ist, dass relativ viele Fremdatome in dem Kristallgitter vorhanden sind. Diese schirmen möglicherweise die Quantenlichtquelle von Störelektronen an der Oberfläche der Nanostruktur ab. Die genauen physikalischen Prozesse müssen allerdings in Zukunft noch näher untersucht werden. Unterstützt werden die Schlussfolgerungen aus den experimentellen Beobachtungen mit statistischen Modellen und Simulationen.
HU Berlin / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
L. Orphal-Kobin et al.: Optically Coherent Nitrogen-Vacancy Defect Centers in Diamond Nanostructures, Phys. Rev. X 13, 011042 (2023); DOI: 10.1103/PhysRevX.13.011042 - Integrierte Quantenphotonik (T. Schröder), Institut für Physik, Humboldt-Universität zu Berlin
Weitere Beiträge
- L. Wörner, S. Wölk und M. Wurz, Quantencomputing @ DLR, Physik Journal, April 2023, S. 62 PDF
- Physik Journal Dossier: Quanteninformation