06.07.2012

Quantenkommunikation über große Strecken

Die Verschränkung zweier Atome lässt sich nun erkennen, ohne den Zustand zu zerstören.

Ein Verschlüsselungs-Verfahren, bei dem jeder Lauschangriff mit Sicherheit bemerkt wird: die Quantenphysik macht diesen Traum prinzipiell möglich. Eine der größten Hürden auf dem Weg zu einem Kommunikationsnetzwerk, das auf Quantenphysik basiert, ist das Übertragen von Quanteninformationen über länderübergreifende Strecken. Zwar konnte die sogenannte Verschränkung zwischen Photonen auch schon über große Strecken beobachtet werden, allerdings nicht weiter als über etwa 140 Kilometer. Um Quanteninformation über weitere Strecken zu übertragen, verschränkten Münchner Forscher jetzt zwei Rubidium-Atome über eine Entfernung von zwanzig Metern hinweg, und zwar so, dass sie ein Signal erhalten, wenn dieser Vorgang erfolgreich war. Damit haben sie die Basis für einen Quantenrepeater geschaffen, eine Relaisstation, um Quanteninformationen über deutlich längere Strecken zu versenden.

Abb.: Zugriff ohne Zerstörung: Eine Bell-Messvorrichtung (im Bild rechts oben) detektiert von Rubidium-Atomen emittierte Photonen (rote Strahlen) und erzeugt so ein Signal, wenn die beiden Atome miteinander verschränkt sind (durch violette Strahlen angedeutet; Bild: MPQ)

In zwei Laboren haben die Physiker um Julian Hoffmann von der LMU je ein Rubidium-Atom in einer optischen Dipol-Falle gefangen gehalten. Es gelang ihnen, die uwanzig Meter voneinander entfernten Atome mithilfe von Photonen zu verschränken. „Damit haben wir eines der größten Quanten-Systeme geschaffen“, sagt Harald Weinfurter, Wissenschaftler der LMU und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik MPQ. Die Lösung der Münchner und Garchinger Forscher hat zwei für weite Übertragungsstrecken entscheidende Vorteile. Erstens befinden sich die beiden Atome in separaten Aufbauten, können also unabhängig voneinander manipuliert werden. „Diese beiden Aufbauten lassen sich im Prinzip mehrere hundert Meter voneinander trennen, und wir können damit die beiden Atome auch über noch größere Entfernungen verschränken“, sagt Weinfurter. Zweitens wird bei einem erfolgreichen Versuch, die Atome zu verschränken ein Signal gesendet, das die Verschränkung bestätigt. So wird es leichter, viele Systeme von der Art des jetzt entwickelte wie die Glieder einer Kette hintereinanderzuschalten und somit die Verschränkung über die gesamte Kette zu verteilen. „Ohne dieses Signal müsste beim Aufbau einer Kette ein viel aufwendigeres Verschränkungsverfahren angewendet werden“, sagt Weinfurter. Die Methode, die er und seine Mitarbeiter nun präsentieren, ermöglicht es, eine Verschränkung auch über größere Entfernungen herzustellen.

Die Fernbeziehung der beiden Rubidium-Atome stellten die Physiker wie folgt her: Zunächst regten sie sie mit einem Laser an. Jedes der Atome emittiert dadurch ein Photon, das mit dem Rubidium-Atom verschränkt ist, von dem es kommt. Über je eine Glasfaser leiten die Forscher die Photonen zusammen und bringen sie an einem halbversilberten Spiegel zur Überlagerung. Werden die beiden Photonen an unterschiedlichen Seiten des Spiegels detektiert, so signalisiert dies die Verschränkung der beiden Rubidium-Atome. Erhält man dieses Signal nicht, so wird der Vorgang wiederholt. „Dafür benötigen wir rund eine Millionen Versuche“, veranschaulicht Weinfurter die Schwierigkeit der Verschränkung der Atome, die sich vor allem durch Verluste beim Einkoppeln der Photonen in die Glasfasern ergibt.

Darüber hinaus könnte der Versuchsaufbau eine Kontroverse über die Quantenphysik beenden, die Albert Einstein bereits 1935 in Gang gesetzt hat. Der berühmte Physiker konnte nicht glauben, dass verschränkte Teilchen ihren Zustand gleichzeitig ändern, obwohl sie weit voneinander entfernt sind. Außerdem wollte er dem Beobachter keine so wichtige Rolle zubilligen. Denn ob der Zustand des zweiten Teilchens eines verschränkten Paares festgelegt wird, hängt laut Quantenmechanik davon ab, ob ein Beobachter am ersten Teilchen eine Messung vornimmt. Einstein schlug zusammen mit Boris Podolski und Nathan Rosen vor, die Messergebnisse lägen schon vor der Messung in den Teilchen verborgen und würden nicht erst im Moment der Messung festgelegt. Diese Theorie der verborgenen Variablen konnte man durch bisherige Experimente nicht zweifelsfrei ausschließen.

Das skalierbare Design des Experiments der Gruppe um Weinfurter sowie die Art der Detektion der Verschränkung der Rubidium-Atome ermöglicht diese Entscheidung, allerdings muss hierfür das Experiment noch weiterentwickelt werden. „Wir hoffen in wenigen Jahren die Experimente zur Theorie der lokalen-verborgenen Variablen durchführen zu können“, stellt Weinfurter in Aussicht.

MPQ / OD

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