23.01.2019

Quantenphysikalische Phasen nur bei kleinen Spinwerten

Neue Erkenntnisse über magnetische Quanten­effekte in Fest­körpern.

Mit einer neuen theoretischen Methode gelang es einem inter­natio­nalen Forscher­team erst­mals, magne­tische Quanten­effekte im drei­dimen­sio­nalen Pyro­chlor-Heisen­berg-Modell systema­tisch zu unter­suchen. Über­raschende Erkenntnis: Nur bei kleinen Spin­werten bilden sich quanten­physi­ka­lische Phasen.

Abb.: Die Modellierung bezieht sich auf eine kubische Kristall­struktur...
Abb.: Die Modellierung bezieht sich auf eine kubische Kristall­struktur (Pyro­chlor-Gitter). Dabei wurden magne­tische Wechsel­wirkungen nicht nur zwischen nächsten Nach­barn ein­be­zogen, sondern auch noch zu den über­nächsten Nach­barn. (Bild: HZB)

In kristallinen Festkörpern sind Atome oder Moleküle in einem regel­mäßigen drei­dimen­sio­nalen Gitter ange­ordnet. Dabei wechsel­wirken die Atome über ver­schie­dene Kräfte mit­ein­ander, um einen Zustand mini­maler Energie zu finden. Nahe dem abso­luten Null­punkt auf der Tempe­ratur­skala frieren die Gitter­schwin­gungen ein, sodass Wechsel­wirkungen zwischen Elek­tronen­spins domi­nieren. Ein beson­ders inte­res­santer Fall tritt auf, wenn sich die Spins nicht alle gleich­zeitig so aus­richten können, dass ein Zustand niedrig­ster Energie erreicht wird. So bildet sich ein frust­riertes System, in dem die Spins nahezu unge­ordnet sind und daher als Spin­flüssig­keit bezeichnet werden.

Eines der führenden Modelle, um 3D-frustrierte Quanten­magnete zu unter­suchen, ist das Heisen­berg-Modell auf einem Pyro­chlor-Gitter, einer ein­fachen kubischen Kristall­struktur. Dennoch war es bislang extrem schwierig, aus diesem theo­re­tischen Modell Erkennt­nisse für die Praxis, also für kon­krete Materi­alien und Tempe­ra­turen, abzu­leiten.

Jetzt haben Forscher aus Deutschland, Japan, Kanada, Austra­lien und Indien gemein­sam mit Hilfe einer neuen theo­re­tischen Methode dieses Modell syste­ma­tisch unter­sucht und dabei einige dieser Schwierig­keiten gelöst. Damit ist es möglich, sowohl den Spin­wert der Gitter­atome als auch die Tempe­ratur und weitere Wechsel­wirkungs­para­meter zu vari­ieren und zu berechnen, in welchen Para­meter­bereichen neu­artige magne­tische Quanten­effekte auf­treten. Die Berech­nungen wurden am Leibniz Super­compu­ting Centre in München durch­ge­führt.

„Wir konnten zeigen, dass quantenphysikalische Effekte über­raschender­weise nur in sehr begrenzten Para­meter­bereichen auf­treten“, erläutert Johannes Reuther vom Helm­holtz-Zentrum Berlin für Materi­alien und Energie, einer der betei­ligten Forscher. Beim kleinst­mög­lichen Spin mit dem Wert 1/2 sind solche Quanten­effekte am stärksten aus­ge­prägt. Spin-Systeme mit der unter­suchten Kristall­struktur ver­halten sich jedoch schon ab Spin-Werten von 3/2 nahezu klassisch. Die Arbeit des Teams vertieft das Ver­ständnis von Fest­körpern und trägt dazu bei, die Suche nach 3D-Spin­flüssig­keiten in Quanten­materi­alien syste­ma­tisch voran­zu­treiben.

HZB / RK

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