28.07.2005

Quantenpunkte geben Rätsel auf

Forscher in Israel haben gemessen, wie sich die Phase eines Elektrons beim Durchqueren eines Quantenpunkts ändert.


Quantenpunkte geben Rätsel auf

Forscher in Israel haben gemessen, wie sich die Phase eines Elektrons beim Durchqueren eines Quantenpunkts ändert.

Mit Halbleiterquantenpunkten kann man einzelne Elektronen festhalten und abzählen, ihre Spins manipulieren oder paarweise verschränken. Das macht die Quantenpunkte zu aussichtsreichen Kandidaten für Bauelemente eines Quantencomputers. Doch das ist noch längst nicht alles. Vor zehn Jahren hatten Moty Heiblum und seine Mitarbeiter vom Weizmann Institut in Israel mit einem Interferenzexperiment gezeigt, dass Elektronen einen geladenen Quantenpunkt durchqueren können, ohne dass ihre Wellenfunktion die Kohärenz einbüßt. Der Quantenpunkt enthielt dabei rund 200 Elektronen.

Inzwischen haben die Forscher ihr Experiment perfektioniert (Abb.). Sie können jetzt die Zahl der Elektronen, die auf dem Quantenpunkt (QP) sitzen, mit Hilfe einer anliegenden Spannung nach Belieben variieren und mit einem zusätzlichen Quantenpunktkontakt (QPC) genau bestimmen. Der Quantenpunkt, den die Elektronen durchqueren müssen, liegt in einem von zwei Armen eines Interferometers. Die Elektronen bewegen sich in der zweidimensionalen Grenzschicht einer Halbleiterheterostruktur. Sie müssen einen Hindernisparcours absolvieren, den aufliegende negativ geladene Metallelektroden mit ihrem elektrischen Feld in der Grenzschicht verursachen.

Die Elektronen kommen von einem Emitter (E) und gelangen zu einer unüberwindlichen, mikrometergroßen Inselstruktur, die die Elektronenwellen aufteilt. Die Teilwellen laufen rechts oder links um die Insel herum. Auf einem der beiden Wege passieren sie den schon erwähnten Quantenpunkt. Hinter der Insel vereinigen sich die beiden Teilwellen wieder und interferieren miteinander. Schließlich gelangen die Elektronen zu einem Kollektor (C), an dem die Stromstärke gemessen wird. Wenn die elektronischen Teilwellen konstruktiv interferieren, dann ist die Stromstärke relativ groß. Bei destruktiver Interferenz ist sie merklich kleiner.

Abb.: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Bauteils (Erklärung siehe Text). (Quelle: Avinun-Kalish et al.)

Mit einem Magnetfeld, das senkrecht durch die Inselstruktur hindurchgeht, kann man die Phasendifferenz der beiden Teilwellen verändern und damit ihre Interferenz beeinflussen. Dieser von Aharonov und Bohm vorhergesagte Effekt führt dazu, dass sich die Stromstärke am Kollektor periodisch ändert, wenn man die Magnetfeldstärke erhöht. Wie sich zeigt, wird die für die Interferenz nötige Phasenkohärenz zwischen den beiden elektronischen Teilwellen durch den Quantenpunkt nicht zerstört. Allerdings hat der Ladungszustand des Quantenpunktes einen Einfluss darauf, wie gut er die Teilwelle transmittiert und wie sich ihre Phase ändert. Aus dem periodischen Aharonov-Bohm-Signal konnten die Forscher die Transmission und die Phasenänderung ablesen.

Wählten sie die am Quantenpunkt anliegende Spannung so, dass die Ladungszustände mit N und N+1 Elektronen (nahezu) dieselbe Energie hatten, dann konnte der Quantenpunkt sehr leicht ein Elektron aufnehmen und wieder abgeben. Der Quantenpunkt hatte somit eine hohe Leitfähigkeit, wenn sich die Zahl der Elektronen um eins änderte. Für andere Spannungswerte war die Zahl der Elektronen konstant und die Leitfähigkeit des Quantenpunkt war sehr gering.

Erstmals konnten die Forscher auch die Phasenänderung messen, die die Teilwelle erfuhr, wenn sie den Quantenpunkt passierte. Es zeigte sich, dass die Phasenänderung solange nicht von der am Quantenpunkt anliegenden Spannung abhing, wie dessen Elektronenbesetzung konstant war. Doch für die Spannungswerte, bei denen sich die Elektronenzahl von N auf N +1 änderte, tat sich auch etwas bei der Phase der transmittierten Elektronenwelle: Sie nahm jeweils um π zu, wenn N von 0 auf 1, von 1 auf 2 oder von 2 auf 3 sprang. Keine Phasenänderung gab es hingegen für den Ladungssprung von 3 auf 4. Bei Experimenten mit unterschiedlichen Quantenpunkten zeigten sich auch Unterschiede bei den Phasenänderungen: Für einen bestimmten Ladungssprung änderte sich die Phase manchmal um π und manchmal nicht. Die Phasenänderungen zeigten eindeutig mesoskopisches Verhalten, das z. B. von der Gestalt des Quantenpunktes, von seiner Besetzung mit Elektronen und von der Entartung seiner unterschiedlichen Elektronen(spin)zustände abhing.

Doch dann kam die große Überraschung: Sobald 14 oder mehr Elektronen auf dem Quantenpunkt saßen, zeigte die Phasenänderung universelles Verhalten. Mit jedem hinzukommenden Elektron nahm die Phase um π zu. Die Transmissionsmaxima bzw. die Phasenänderungen hatten bei jeder Ladungszunahme dieselbe Gestalt, wie man sie für die Transmission eines Teilchens durch ein eindimensionales Potential bei einer Resonanz erwarten würde. Der Quantenpunkt war aber nicht eindimensional, wie sein mesoskopisches Verhalten für N<14 gezeigt hatte. Außerdem hätte man erwartet, dass bei einer großen Zahl von Elektronen auf dem Quantenpunkt die „inneren“ Elektronen abgeschlossene Schalen bilden und nur eine kleine Zahl von „äußeren“ Elektronen das Transmissionsverhalten in nicht-universeller Weise beeinflussen würde.

Abschließend stellen Heiblum und seine Mitarbeiter fest, dass es noch immer keine Theorie gibt, die das von ihnen beobachtete robuste universelle Verhalten zufriedenstellend erklären kann. Quantenpunkte bleiben rätselhaft.

Rainer Scharf

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