03.01.2018

Quantensensor prüft Festplatten

Der atomar kleine Sensor soll bald winzige Magnetfelder zukünftiger Datenspeicher messen können.

Integrierte Schalt­kreise werden immer komplexer. Tatsächlich enthält ein handels­üblicher PC-Prozessor inzwischen rund dreißig Millionen Tran­sistoren. Und die magnet­ischen Strukturen auf Fest­platten messen gerade noch zehn bis zwanzig Nano­meter, kleiner als ein Grippevirus. Die Abmes­sungen geraten somit bald in Größen­ordnungen, bei denen die Quanten­physik greift. Forscher am Frei­burger Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörper­physik IAF entiwckelten nun mit Kollegen des Max-Planck-Instituts für Festkörper­forschung einen Quanten­sensor, der winzige Magnet­felder, wie sie beispielsweise auf künftigen Fest­platten verwendet werden sollen, exakt vermessen kann.

Abb.: Ultrareine Diamanten als Basis für atomar kleine Magnetfeldsensoren. (Bild: Fh.-IAF)

Der eigentliche Sensor ist kaum größer als ein Stickstoff-Atom. Als Träger­substanz dient ein künst­licher Diamant. Denn Diamant hat neben seiner großen mechanischen und chemischen Stabilität viele Vorteile. So kann man Fremd­atome einschleusen, etwa Bor oder Phosphor, und die Kristalle auf diese Weise zu Halbleitern machen. Diamant eignet sich auch hervor­ragend für optische Schalt­kreise. Vor allem aber besticht dieses Material durch seine enorme Wärme­leitfähigkeit. Die hohen Bindungs­kräfte der Kohlenstoff­atome sorgen dafür, dass die Wärme rasch abgeführt wird.

Das Fraun­hofer IAF hat hier in den letzten Jahr­zehnten optimierte Anlagen zur Produktion von Diamant entwickelt. Der Prozess für die Maßan­fertigung findet in einem Mikrowellen-Plasma­reaktor statt. Im Fokus der Mikrowelle zündet ein Plasma, sodass bei Temperaturen von 800 bis 900 Grad Celsius aus einströmendem Methan- und Wasser­stoffgas auf Diamant-Substraten Diamant­schichten wachsen können. Die Kristalle mit Kantenlängen zwischen drei und acht Milli­metern werden später mit einem Laser vom Substrat getrennt und poliert.

Für die Herstellung des Quanten­sensors ist ein besonders reiner Kristall nötig, was weitere Verbes­serungen angestoßen hat: Für das Wachstum von extrem sauberen Diamant­schichten wird das Methan, das den Kohlen­stoff für den Diamant liefert, mit Hilfe eines Zir­konium-Filters vorge­reinigt. Zudem muss das Gas isoto­penrein sein, denn nur C-12 hat keinen Kernspin – eine notwendige Voraus­setzung für den späteren Magnet­sensor. Auch der Wasserstoff durchläuft eine Reinigungs­stufe. Der so entstandene hochreine monokris­talline Diamant muss nun für die Aufgabe als Magnet­detektor präpariert werden.

Dafür gibt es zwei Möglich­keiten: Entweder man implantiert ein einzelnes Stick­stoffatom, ober man gibt in der letzten Wachstums­phase der Diamanten­herstellung Stickstoff hinzu. Danach werden daraus Spitzen geformt, die im Reinraum durch ein Ätz­verfahren im Sauerstoff-Plasma heraus­gearbeitet werden. Das Resultat ist jeweils eine hauchfeine Diamantspitze, die der eines Rasterkraft­mikroskops ähnelt. Der Clou ist das einge­schleuste Stick­stoffatom samt einer benach­barten Leer­stelle im Kristall­gitter. Dieses Stick­stoff-Vakanz-Zentrum ist der eigent­liche Sensor. Er sendet Licht aus, wenn man ihn mit Laser­strahlen und Mikro­wellen bestrahlt. Auf einen Magnet in seiner Nähe reagiert er mit einer Variation seiner Licht­emission. Mit dieser optisch detektierten Elek­tronenspin-Resonanz­spektroskopie (ODMR) kann man ein Magnetfeld nicht nur Nano­meter genau aufspüren, sondern auch in seiner Stärke bestimmen.

Das macht erstaun­liche Anwen­dungen möglich. Die winzigen Diamant­nadeln eigenen sich zum Beispiel dazu, die Qualität von Fest­platten zu kontrol­lieren. Auf den dicht gepackten Daten­speichern kommt es immer wieder zu kleinen Fehlern. Der Quanten­sensor kann die defekten Daten­segmente aufspüren. Sie bleiben dann beim Schreib- und Lesevorgang ausge­schlossen. Das reduziert den Ausschuss, der bei zunehmender Minia­turisierung rasant steigt, und senkt die Produktions­kosten. Die Einsatz­möglichkeiten für den Winzling sind vielfältig, denn schwache magne­tische Felder findet man überall, sogar im Gehirn. „Immer wenn sich Elektronen bewegen, entsteht ein Magnetfeld“, sagt IAF-Experte Christoph Nebel. Wenn wir also denken oder fühlen, verur­sachen die Gehirn­ströme Magnetfelder. Man möchte diese Akti­vitäten loka­lisieren, um diejenigen Areale im Gehirn aufzu­spüren, die bei bestimmten Tätig­keiten oder Gefühlen aktiv sind.

Dafür kann man auch die Ströme mit Elek­troden direkt messen, erhält aber sehr ungenaue Daten. Bessere Ergebnisse liefern Magnet­feldmessungen. Die dafür heute benutzten Sensoren haben aller­dings einen Nachteil: Sie müssen mit flüs­sigem Stickstoff gekühlt werden. Die neue Technologie mit dem extrem wärme­leitenden Diamant arbeitet dagegen bei Raum­temperatur, ganz ohne Kühlung. Für diesen Einsatz würde man keine feinen Nadeln verwenden, sondern Plättchen, auf denen zahl­reiche Stickstoff-Vakanz-Zentren eingebaut sind. Jedes Zentrum erzeugt einen Bildpunkt, sodass insgesamt ein detail­scharfes Foto entsteht.

FhG / JOL

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