24.11.2016

Quantenteilchen können Tropfen bilden

Suprafluider Zustand zwischen gasförmigen Bose-Einstein-Kondensaten und flüssigem Helium.

Experimente mit magne­tischen Atomen bei extrem tiefen Temperaturen haben eine über­raschende Materie­form aufgedeckt: Diese Atome formen eine neue Art von Quanten­flüssigkeit. Die Quanten­tropfen werden ohne äußere Kräfte allein durch Quanteneffekte zusammen­gehalten. „Quanten­tropfen fallen wie ein Stein zu Boden“, schildert Francesca Ferlaino vom Institut für Quanten­optik und Quanten­information in Innsbruck die überraschende Entdeckung. Mit ihrem Team konnte sie im Labor beobachten, wie sich in einem Quanten­gas große Tropfen bilden. Völlig überraschend war, dass diese Quanten­tropfen ohne äußere Unter­stützung allein durch Quanten­effekte zusammen­gehalten werden. Mit dieser Entdeckung ebnen die Inns­brucker Wissen­schaftler zeitgleich mit einer Forschungs­gruppe der Universität Stuttgart, die mit dem ebenfalls magne­tischen Element Dysprosium arbeitet, den Weg in ein völlig neues Forschungs­feld der Physik ultrakalter Quanten­gase.

Abb.: Quantentropfen werden ohne äußere Kräfte allein durch Quanteneffekte zusammengehalten. (künstl. Illus.: H. Ritsch / IQOQI)

Im Experiment erzeugen die Forscher zunächst in einer Vakuum­kammer bei extrem tiefen Tempe­raturen ein Bose-Einstein-Kondensat aus Erbium-Atomen. Die Interaktion der Teilchen kontrollieren sie über ein äußeres Magnetfeld. Die besonderen Eigen­schaften der magne­tischen Atome machen es nun möglich, mit dem Magnetfeld die gewöhnliche Wechsel­wirkung soweit zu unterdrücken, dass nur noch die Quanten­eigenschaften der korrelierten Teilchen zum Tragen kommen. „Wir stellen das Teilchen­system sozusagen ruhig und verhelfen so den Quanten­eigenschaften zur Dominanz“, erklärt Francesca Ferlaino, die mit ihrem Team erstmals eindeutig belegen konnte, dass Quanten­fluktuationen für die Abstoßung der Teilchen sorgen und so ausreichend Oberflächen­spannung entsteht, die allein einen Quanten­tropfen zusammenhält.

„In unserem Experiment haben wir zum ersten Mal den kontrollierten Übergang von einem Bose-Einstein-Kondensat, das sich wie ein superfluides Gas verhält, hin zu einem einzelnen großen Quanten­tropfen aus rund 20.000 Atomen realisiert“, freut sich Physikerin Lauriane Chomaz. Weil die Forscher die Wechselwirkung zwischen den Teilchen in einzigartiger Weise kontrollieren können, war es möglich, die experi­mentellen Daten aus dem Labor mit der von einer Gruppe um Luis Santos an der Universität Hannover entwickelten Theorie zu vergleichen und so die Rolle der Quanten­fluktuationen zweifelsfrei nachzuweisen.

Dieser neue supra­fluide Zustand ist zwischen gasförmigen Bose-Einstein-Konde­nsaten und flüssigem Helium angesiedelt. Seine Erforschung könnte in Zukunft zu einem besseren Verständnis von Supra­fluidität beitragen. Quanten­tropfen sind neben Helium das derzeit einzige bekannte System, das supra­fluid und flüssig ist. In ultrakalten Quanten­gasen lässt sich das Phänomen in sehr reiner Form und unter gut kontrol­lierbaren Bedingungen studieren. Langfristig könnte der Materie­zustand sogar Per­spektiven für die Untersuchung von Supra­solidität liefern.

IQOQI/ JOL

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