Rätsel um arktisches Meereis gelöst
Wärmetransport erklärt große Schwankungen der vereisten Flächen im Nordpolarmeer.
Die großen Schwankungen der Fläche des arktischen Meereises waren für Polarforscher bisher rätselhaft. Doch nun haben Dirk Olonscheck, Thorsten Mauritsen und Dirk Notz vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) und der Universität Stockholm mit Hilfe rechenaufwändiger Computersimulationen herausgefunden, warum die Fläche des arktischen Meereises von Jahr zu Jahr stark variiert. „Wir wissen, dass das arktische Meereis immer weiter zurückgeht, weil wir Menschen mit unseren Treibhausgasemissionen die Erde erwärmen. Warum aber zusätzlich zu diesem langfristigen Rückgang die Fläche des arktischen Eises von einem Jahr zum nächsten so stark schwankt, war bislang unklar“, sagt Olonscheck.
Bisherige Studien hatten vermutet, dass selbstverstärkende Prozesse wie zum Beispiel die erhöhte Reflexionsfähigkeit des hellen Eises im Vergleich zum dunklen Ozeanwasser – die Eis-Albedo-Rückkopplung – maßgeblich für die Schwankungen der Meereisfläche verantwortlich sind. Im Gegensatz zu diesen Vermutungen konnten die Forscher nun zeigen, dass die Eis-Albedo-Rückkopplung und weitere sich aufschaukelnde Prozesse zusammen nur von geringer Bedeutung für die jährlichen Meereisschwankungen sind. „Die Hauptursache sind allein die Schwankungen in der Wärmemenge, die in der Atmosphäre in die Arktis transportiert wird und dort direkt zur Eisschmelze führt. Wir haben diesen unmittelbaren Zusammenhang nun in allen Erdsystemmodellen und auch in Beobachtungsdaten nachweisen können“, so Olonscheck.
Diese Ergebnisse bedeuten einerseits, dass die jährlichen Schwankungen in der Meereisfläche leichter zu verstehen sind als bisher gedacht, da komplexe atmosphärische und ozeanische Prozesse innerhalb der Arktis vernachlässigbar sind. Andererseits bedeuten sie aber auch, dass die Vorhersage der Größe der arktischen Meereisfläche von einem Jahr zum nächsten auch in Zukunft kaum möglich sein wird. „Dazu müsste es uns gelingen, den Wärmetransport der Atmosphäre in die Arktis vorherzusagen. Dieser hängt jedoch vom höchst chaotischen Wettergeschehen ab“, sagt Olonscheck.
MPI-M / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
D. Olonscheck et al.: Arctic sea-ice variability is primarily driven by atmospheric temperature fluctuations, Nat. Geo., online 13. Mai 2019; DOI: 10.1038/s41561-019-0363-1 - AG Meereis im Erdsystem, Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg