Rätsel um Sub-Neptune gelöst
Dichte der Exoplaneten variiert bei unterschiedlichen Entstehungsprozesse.
Die meisten Planeten, die um Sterne in unserer Galaxie kreisen, sind Sub-Neptune, die größer sind als die Erde aber kleiner als Neptun. Eine aktuelle Studie des NFS PlanetS, der Universität Genf und der Universität Bern zeigt, dass es zwei Populationen dieser Sub-Neptune gibt – die dichteren und die weniger dichten. Der Unterschied in der Dichte geht gemäß den Forschenden auf unterschiedliche Entstehungsprozesse dieser Exoplaneten zurück, und ist nicht das Ergebnis der Anwendung von unterschiedlichen Messmethoden, was bisher ebenfalls für möglich gehalten wurde.
Exoplaneten gibt es in unserer Galaxie reichlich. Die häufigsten liegen zwischen dem Radius der Erde und dem des Neptuns und werden als „Sub-Neptune“ bezeichnet. Man schätzt, dass 30 bis 50 Prozent der sonnenähnlichen Sterne mindestens einen dieser Planeten beherbergen. Die Berechnung der Dichte dieser Planeten stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel. Um die Dichte von Sub-Neptunen zu schätzen, werden zunächst ihre Masse und ihr Radius gemessen. Das Problem besteht darin, dass Planeten, deren Masse mit der TTV-Methode (Transit-Timing-Variation) gemessen wird, weniger dicht sind als Planeten, deren Masse mit der Radialgeschwindigkeitsmethode, der anderen möglichen Messmethode, gemessen wurde.
„Mit der TTV-Methode werden Variationen im Transitzeitpunkt gemessen, das heißt, wie sich der Zeitpunkt ändert, zu dem die Planeten vor ihrem Stern vorbeiziehen. Die Gravitationswechselwirkungen zwischen den Planeten desselben Systems verändern diesen Zeitpunkt leicht“, erklärt Jean-Baptiste Delisle von der Universität Genf. „Bei der Radialgeschwindigkeitsmethode hingegen werden die Geschwindigkeitsänderungen des Sterns gemessen, die durch die Anwesenheit des Planeten um ihn herum verursacht werden“, so Delisle.
Das internationale Team hat dieses Phänomen nun erklärt. Es ist nicht auf Auswahl- oder Beobachtungsfehler zurückzuführen, sondern hat physikalische Gründe. „Die meisten der mit der TTV-Methode gemessenen Systeme befinden sich in Resonanz“, erklärt Adrien Leleu von der Universität Genf. Zwei Planeten befinden sich dann in Resonanz, wenn das Verhältnis zwischen ihren Umlaufzeiten eine rationale Zahl ist. Wenn zum Beispiel ein Planet zwei Bahnen um seinen Stern zieht, zieht ein anderer Planet genau eine Bahn. Befinden sich mehrere Planeten in Resonanz, spricht man von einer Kette von Laplace-Resonanzen. „Wir haben uns daher gefragt, ob es einen Zusammenhang zwischen der Dichte und der resonanten Bahnkonfiguration eines Planetensystems gibt“, erklärt Leleu weiter.
Um den Zusammenhang zwischen Dichte und Resonanz zu ermitteln, mussten die Forschenden zunächst durch eine sorgfältige Auswahl der Planetensysteme für die statistische Analyse jegliche Verzerrung der Daten ausschließen. Ein großer, massearmer Planet, der während eines Transits entdeckt wird, benötigt beispielsweise mehr Zeit, um mit der Radialgeschwindigkeitsmethode erfasst zu werden. Dies erhöht das Risiko, dass die Beobachtungen abgebrochen werden, bevor der Planet in den Radialgeschwindigkeitsdaten sichtbar wird und seine Masse geschätzt werden kann.
„Dieser Auswahlprozess würde zu einer Verzerrung zugunsten höherer Massen und Dichten für Planeten führen, die mit der Radialgeschwindigkeitsmethode charakterisiert wurden. Da wir keine Messung ihrer Massen haben, würden die weniger dichten Planeten von unseren Analysen ausgeschlossen“, erklärt Adrien Leleu. Nach dieser Bereinigung konnten die Forschenden mit Hilfe statistischer Tests feststellen, dass die Dichte der Sub-Neptune in den resonanten Systemen geringer ist als in den nicht resonanten Systemen, unabhängig davon, welche Methode zur Bestimmung ihrer Masse verwendet wurde.
Die Forschenden schlagen mehrere mögliche Erklärungen für diesen Zusammenhang vor, darunter die Prozesse, die bei der Entstehung von Planetensystemen ablaufen. Die Haupthypothese der Studie lautet, dass alle Planetensysteme in den ersten Momenten ihrer Existenz zu einem Resonanzkettenzustand konvergieren, aber nur fünf Prozent davon stabil bleiben. Alle anderen werden instabil. Die Resonanzkette bricht dann zusammen, was zu einer Reihe von Katastrophen führt, wie etwa Kollisionen zwischen Planeten. Die Planeten verschmelzen miteinander und gelangen so zu höheren Dichten, bevor sie sich in nicht-resonanten Bahnen stabilisieren.
Dieser Prozess erzeugt zwei sehr unterschiedliche Populationen von Sub-Neptunen: dichte und weniger dichte. „Die numerischen Modelle zur Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen, die wir in den letzten zwei Jahrzehnten an der Universität Bern entwickelt haben, reproduzieren genau diesen Trend: Planeten in Resonanz sind weniger dicht. Die aktuelle Studie bestätigt zudem, dass die meisten Planetensysteme Schauplatz riesiger Kollisionen waren, die ähnlich heftig oder sogar heftiger waren als diejenige, aus der unser Mond hervorging“, sagt Yann Alibert vom Center for Space and Habitability.
U. Bern / JOL