24.02.2005

Raman-Laser mit Elektronenkaskade

Einen sehr effizienten Raman-Laser aus Halbleitermaterial, der elektrisch angeregt wird, haben jetzt die Bell Labs entwickelt.




Einen sehr effizienten Raman-Laser aus Halbleitermaterial, der elektrisch angeregt wird, haben jetzt die Bell Labs entwickelt.

Halbleiterlaser sind aus der modernen Technik nicht mehr wegzudenken. Sie verbrauchen sehr wenig Energie, lassen sich miniaturisieren und sind preiswert. Außerdem eignen sie sich für viele Anwendungen, da sie einen großen Wellenlängenbereich abdecken: Während man für die optische Datenspeicherung möglichst kurzwellige sichtbare Strahlung nimmt, benutzt man für die optische Datenübertragung durch Glasfasern Strahlung aus dem nahen Infrarot. Langwelligere Infrarotstrahlung setzt man ein, um Spurengase und Schadstoffe in äußerst geringen Konzentrationen anhand der charakteristischen Schwingungs- und Rotationsanregungen der Moleküle nachzuweisen.

Im Bereich der langwelligen IR-Strahlung bei Wellenlängen von etwa 10 μm, für den nur wenige Halbleitermaterialien zur Verfügung stehen, haben sich die so genannten Quantenkaskadenlaser etabliert. Das sind Heterostrukturen, die aus vielen Schichten von unterschiedlichen Halbleitern wie etwa GaInAs und AlInAs bestehen. Wird eine elektrische Spannung längs der Schichtfolge angelegt, dann können die Leitungselektronen wie in einer Kaskade die unterschiedlichen Schichten durchqueren und dabei Laserstrahlung abgeben. An den Bell Labs haben jetzt Forscher um Federico Capasso in einen Quantenkaskadenlaser weitere Halbleiterschichten eingebaut, in denen aufgrund des Raman-Effekts langwellige Laserstrahlung entsteht – und das mit überraschend hoher Ausbeute.

Der neue „Raman-Injektionslaser“ besteht aus einem Quantenkaskadenlaser und einem Raman-Laser, die durch die Schichtfolge der Halbleiterstruktur miteinander verzahnt sind. Entscheidend für die Funktion beider Bestandteile ist, dass die abwechselnden Schichten aus unterschiedlichem Halbleitermaterial die Bewegungsfreiheit der Leitungselektronen senkrecht zur Schichtung einschränken. Die Schichten aus AlInAs wirken dabei wie Barrieren, da die Elektronen in ihnen eine 0,52 eV höhere Energie haben als in den GaInAs-Schichten. Dadurch wird das elektronische Leitungsband in so genannte Minibänder aufspalten, deren Energien sich um einige 10 bis 200 meV unterscheiden. Durch die Wahl der Schichtfolge erhalten die Schichtstrukturen neue optische und elektrische Eigenschaften.

Der Raman-Injektionslaser enthält eine komplizierte Folge von jeweils 13 AlInAs-Barrieren und GaInAs-Gräben, deren Breite zwischen 1,3 nm und 6,1 nm variiert. Diese elementare Schichtfolge wiederholt sich insgesamt 30 Mal. Im ersten Abschnitt der elementaren Schichtfolge, dem so genannten Injektor, werden die Leitungselektronen durch die angelegte elektrische Spannung beschleunigt und an den zweiten, laseraktiven Abschnitt übergeben, wo jedem Elektron drei Energieniveaus zur Verfügung stehen. Die Elektronen landen zunächst im Niveau mit der höchsten Energie, gehen dann unter Abstrahlung eines Infrarotphotons von 6,7 μm Wellenlänge in das mittlere Niveau über. Von dort fallen sie sogleich in das unterste Niveau, wobei sie ein optisches Phonon abgeben. Auf diese Weise wird das mittlere Niveau sehr schnell entleert und es stellt sich die für diese Laser typische Besetzungsinversion zwischen obersten und mittleren Niveau ein.

Bei einer Stromstärke von etwa 0,7 A setzt die Laserstrahlung des Quantenkaskadenlasers ein, mit der anschließend durch den Raman-Effekt langwelligere Laserstrahlung erzeugt wird. Im Gegensatz zu anderen Raman-Lasern benutzt der Raman-Injektionslaser dazu aber nicht Materialien mit vorgegebenen nichtlinearen optischen Eigenschaften, sondern die maßgeschneiderten Eigenschaften der Halbleiterschichtstruktur. Im dritten und letzten Abschnitt der elementaren Schichtfolge stehen den Elektronen wiederum drei Niveaus von unterschiedlicher Energie zur Verfügung. Die aus dem laseraktiven Abschnitt kommenden Elektronen landen diesmal im unteren der drei Niveaus. Die infrarote Laserstrahlung von 6,7 μm Wellenlänge, der diese Elektronen ausgesetzt sind, bringt sie in einen virtuellen Zwischenzustand, der knapp unter dem höchsten der drei Energieniveaus liegt. Von dort fallen die Elektronen auf das mittlere Energieniveau, wobei energieärmere Raman-Photonen entstehen, die eine Wellenlänge von 9 μm haben. Anschließend wandern die Elektronen weiter zum nächsten Injektor-Abschnitt, wo sich das Spiel wiederholt.

Wie viele langwellige Raman-Photonen der neue Laser produziert, hängt zum einen von der Zahl der kurzwelligen Laserphotonen ab, die wiederum durch die Stärke des elektrischen Stroms gegeben ist, der durch die Halbleiterschichten fließt. Zum anderen entstehen, durch stimulierte Raman-Streuung, umso mehr Raman-Photonen, je mehr von ihnen schon vorhanden sind. Wie die Experimente der Forscher zeigten, wuchs mit zunehmender Stromstärke die Zahl der Raman-Photonen lawinenartig an und bei einer Stromstärke von 2,6 A setzte die Laserstrahlung mit 9 μm Wellenlänge ein. Der Raman-Laser begann zu arbeiten.

Während bisherige Raman-Laser verlustreich von außen durch Laserstrahlung optisch angeregt oder gepumpt werden müssen, regt man den Raman-Injektionslaser gewissermaßen von innen her an. Dies geschieht mit dem elektrisch gepumpten Quantenkaskadenlaser, der optimal auf den Raman-Laser abgestimmt ist. So ist verständlich, dass der Raman-Injektionslaser eine sehr hohe Effizienz von 30 % erreicht, während die Effizienz herkömmlicher Festkörper-Raman-Laser unterhalb von 1 Promille liegt.

Bisher muss der neue Laser allerdings noch auf sehr tiefe Temperaturen von weniger als 125 K gekühlt werden, um seine beeindruckenden Leistungen zu erbringen. Dabei zeigt es sich, dass die Wellenlänge der Raman-Strahlung mit zunehmender Temperatur abnimmt, und zwar um 1,1 nm/K. Die Wellenlänge des Raman-Injektionslasers ließe sich möglicherweise ohne großen Aufwand über die Temperatur regulieren, wie man das schon jetzt bei Quantenkaskadenlasern macht.

Rainer Scharf

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