03.07.2020 • Energie

Rasante Elektronen in Perowskiten

Mikroskopische Kristallstrukturen lenken den Ladungstransport in der Solarzelle.

Solarzellen auf Basis von Perowskit­verbindungen könnten bald die Strom­gewinnung aus Sonnen­licht noch effizienter und günstiger machen. Bereits heute übersteigt die Labor-Effizienz dieser Perowskit-Solar­zellen die der bekannten Silizium-Solarzellen. Ein inter­nationales Team um Stefan Weber vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P) in Mainz hat mikro­skopische Strukturen in Perowskit-Kristallen gefunden, die den Ladungs­transport in der Solarzelle lenken können. Eine geschickte Ausrichtung dieser Leitungs­bahnen für Elektronen könnte Perowskit-Solar­zellen noch leistungs­fähiger machen.

Abb.: Entlang mikro­skopisch kleiner Strukturen in Perowskit­solarzellen...
Abb.: Entlang mikro­skopisch kleiner Strukturen in Perowskit­solarzellen können sich Elektronen schneller bewegen. (Bild: MPI-P)

In Solar­zellen werden die durch das Licht angeregten Elektronen von Kontakten auf der Ober- und Unterseite der Zelle eingesammelt. Verbleiben die Elektronen jedoch zu lange im Material, können sie ihre Energie wieder verlieren. Um Verluste zu minimieren, sollten sie daher so schnell wie möglich zu den Kontakten gelangen. Mikro­skopisch kleine Strukturen in den Perowskiten – die ferro­elastischen Zwillings­domänen – können beeinflussen, wie schnell die Elektronen sich bewegen. Die streifen­förmigen Strukturen, die die Wissen­schaftler untersuchten, entstehen spontan im Zuge der Herstellung der Perowskite durch mechanische Spannungen im Material. Durch die Kombination zweier Mikro­skopie-Methoden konnten die Forscher zeigen, dass sich die Elektronen parallel zu den Streifen deutlich schneller bewegen als senkrecht dazu. „Die Domänen sind wie winzige Autobahnen für die Elektronen“, sagt Stefan Weber.

Für ihre Experimente musste das Team um Weber zunächst die streifen­förmigen Domänen nachweisen. Dies gelang ihnen mit einem Piezo-Kraft­mikroskop (PFM). Bereits vor fünf Jahren entdeckten sie mit dieser Methode erstmals die Domänen in einem Perowskit-Kristall. „Schon damals fragten wir uns, ob die Strukturen Einfluss auf die Funktions­weise einer Perowskit-Solarzelle haben,“ so Weber. „Unsere neuesten Ergebnisse zeigen jetzt, dass dies der Fall ist.“

Der Beweis gelang, indem die Forscher ihre PFM-Bilder mit den Daten einer anderen Methode, der Photo­lumineszenz-Mikro­skopie, verglichen. „Unser Photo­lumineszenz-Detektor funktioniert ähnlich wie eine Radarfalle“, erklärt Ilka Hermes, Forscherin in Webers Gruppe. „Wir messen damit auf mikro­skopischer Ebene die Geschwin­digkeiten der Elektronen in verschiedene Richtungen.“ Dabei stellte Hermes fest: Entlang der Streifen bewegten sich die Elektronen um rund fünfzig bis sechzig schneller als senkrecht dazu. „Perowskit-Solar­zellen, bei denen man darauf achtet, dass die Streifen direkt zu den Elektroden zeigen, würden also deutlich effizienter“, sagt Hermes. 

Nicht nur Solarzellen ließen sich dadurch verbessern. Auch andere opto­elektronische Anwendungen wie Leuchtdioden oder Strahlungs­detektoren könnten von einem gerichteten Ladungs­transport profitieren. „Generell ist es von Vorteil, wenn wir die Elektronen in die richtige Richtung lenken können“, erklärt Weber. Die Idee: Perowskit­kristalle könnten während ihrer Herstellung gezielt unter mechanische Spannung gesetzt werden. Durch dieses „strain engineering“ ließen sich die Elek­tronen-Autobahnen optimal ausrichten.

MPI-P / JOL

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