20.04.2020

Raumfahrttechnik für Krisensituationen

Erste Projekte aus dem Bereich „Humanitarian Technologies“ gestartet.

Technologien, die für die Raumfahrt entwickelt werden, müssen für ihre Aufgabe im All extreme Anforderungen erfüllen: Die Systeme und Geräte müssen nicht nur robust, sicher, kompakt, leicht und einfach in der Handhabung sein, sondern auch zuverlässig und autonom funktionieren. Einen umfassenden und schnellen Überblick von oben bieten etwa Satelliten­technologien. Diese besonderen Eigenschaften sind auch auf der Erde wertvoll, nicht zuletzt zur Bewältigung von Natur­katastrophen und anderen Extrem­situationen: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) rief daher im vergangenen Jahr eine Initiative ins Leben, die Raum­fahrt­technologien für die humanitäre Hilfe nutzbar macht und gezielt weiterentwickelt. Nun sind die ersten beiden Projekte aus dem Bereich „Humanitarian Technologies“ gestartet: Die mobil entfaltbare Pflanzen­anbau­einheit „MEPA“ und das Projekt „Data4Human“, das spezielle Daten­dienste für die humanitäre Hilfe entwickelt.
 

In humanitären Krisensituationen ist die Nahrungs­mittel­versorgung eine der wichtigsten Aufgaben von internationalen Hilfs­organisationen. Frische Lebensmittel wie Obst und Gemüse sind jedoch kaum oder überhaupt nicht lieferbar. Zudem wird häufig auch eine mittelfristige Ernährungsquelle für die Menschen vor Ort benötigt. Ziel des DLR-Projekt MEPA (Mobil entfaltbare Pflanzen­anbaueinheit) ist es, eine Möglichkeit zur Verfügung zu stellen, frische Nahrungsmittel in Notfall­situationen zu produzieren – in Flüchtlingscamps, nach Flutkatastrophen oder Erdbeben, bei Dürren und zusätzlich auch in beengten Siedlungs­räumen. Das Know-how dazu bringen die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Raum­fahrt­systeme und des DLR-Instituts für Luft- und Raum­fahrt­medizin mit. Im Forschungsprojekt EDEN entwickeln und testen sie Gewächshäuser und Pflanzen­zucht­technologien für den Lang­zeit­aufenthalt im Weltall. Auf der Forschungs­station Neumayer III (Alfred-Wegener Institut, AWI) in der Antarktis konnten dadurch bereits Tomaten geerntet werden.

Für den Einsatz in Krisengebieten haben die Experten insgesamt drei Systeme konzipiert. Allen Pflanzen­anbau­einheiten ist gemeinsam, dass sie keine Erde benötigen, wieder­verwendbar sind, eine schnelle Produktion ermöglichen – mit der ersten Ernte nach vier bis sechs Wochen – und individuell und einfach genutzt werden können.

In den kommenden zwei Jahren wird das DLR-Team die MEPA-Systeme spezifizieren, bauen und vor Ort testen. Für die bedarfs­gerechte Entwicklung arbeiten die Wissenschaftler in enger Absprache mit dem Welt­ernährungs­programm der Vereinten Nationen (UN World Food Programm, WFP), dem Technischen Hilfswerk, Plan International und der nichtstaatlichen humanitären Hilfs­organisation ADRA.

Um in Krisenfällen wichtige Entscheidungen treffen und geeignete Maßnahmen einzuleiten zu können, benötigen humanitäre Hilfs­organisationen unter anderem aktuelle Lage­informationen. Oft jedoch stehen ihnen diese Informationen nicht zur Verfügung. Ein dringendes Anliegen ist den Akteuren daher der Zugang zu offen verfügbaren, zuverlässigen Datenquellen, auf lokaler und regionaler bis hin zu globaler Ebene. Im Rahmen des Projekts „Data4Human“ stellen das Earth Observation Center (EOC) des DLR sowie das DLR-Institut für Daten­wissenschaften dazu ihre Expertise zur Verfügung: Gemeinsam mit humanitären Hilfs­organisationen entwickeln sie Analyseverfahren und Werkzeuge, um Daten von Satelliten, Flugzeugen, Drohnen, Bodensensoren und aus webbasierten Quellen bereitzustellen.

Im Bereich Datenverarbeitung bringt das DLR Methoden des maschinellen Lernens ein, die zum Bespiel Schadens­analysen von kritischer Infrastruktur nach einer Natur­katastrophe ermöglichen. Einen Technologieschub bietet auch die Kombination von „physikalischer“ Erd­beobachtung durch Satelliten mit der „digitalen“ Erd­beobachtung im Internet. Die fusionierten Daten können etwa zur besseren Beobachtung von Flüchtlings­strömen und Menschen­rechts­verletzungen oder zur Analyse von Ernte­verlusten in Afrika genutzt werden. Satelliten­daten und Geodaten sollen zunehmend mit automatisch erfassten, web-basierten Informationen kombiniert und beispielsweise Daten von Nachrichten­portalen oder sozialen Netzwerken ausgewertet werden.

Darüber hinaus arbeiten die Wissenschaftler mit dem Entwicklungs­programm der Vereinten Nationen (UNDP) und anderen humanitären Hilfs­organisationen an weiteren Datenanalysen, wie etwa zur Dokumentation des Wiederaufbaus nach einer Katastrophe oder der Wirksamkeit humanitärer Hilfsmaßnahmen. Um diese vielfältigen Themen zu unterstützen haben sich die Fern­erkundungs­experten und Daten­wissenschaftler des DLR nun mit dem WFP, dem Deutschen Roten Kreuz und dem Humanitarian Open Street Map Team (HOT-OSM) zusammengeschlossen. Das Projekt „Data4Human“ läuft bis Ende 2021.

DLR / DE
 

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