Rechnen mit Magnonen
Plättchen aus Yttrium-Eisen-Granat für eine effiziente Datenverarbeitung.
Magnetische Materialien spielen bei der Entwicklung neuer Speicher- und Informationstechnologien eine große Rolle. Ein noch junges Forschungsgebiet auf diesem Feld ist die Magnonik: Sie beschäftigt sich mit Spinwellen in Kristallschichten. Die Auslenkung der Spins kann sich dabei in einem Festkörper wellenartig ausbreiten. „In magnonischen Bauteilen müssten keine Elektronen für die Informationsverarbeitung wandern, weswegen sie viel weniger Energie verbrauchen würden“, sagt Georg Schmidt vom Institut für Physik an der Universität Halle-Wittenberg. Sie könnten außerdem schneller und kleiner sein als bisherige Technologien.
Doch bisher ist es sehr aufwendig, die dafür benötigten Materialien zu produzieren. Häufig kommt dabei Yttrium-Eisen-Granat (YIG) zum Einsatz, weil es besonders geeignete magnetische Eigenschaften hat. „Das Problem war bisher, dass man die benötigten sehr dünnen, qualitativ hochwertigen Schichten nur auf einem bestimmten Trägermaterial herstellen kann und dass sich diese dann nicht mehr ablösen ließen“, erklärt Schmidt. Das Trägermaterial wiederum hat ungünstige elektromagnetische Eigenschaften. Dieses Problem haben die Physiker nun gelöst, indem sie das Material dazu bringen, brückenartige Strukturen zu bilden. So wird es zwar auf dem idealen Trägermaterial produziert, danach aber abgelöst.
„Diese kleinen Plättchen können dann theoretisch auf jedes beliebige Material geklebt werden“, so Schmidt. Die Methode basiert auf einem Herstellungsprozess bei Raumtemperatur, der in seinem Labor entwickelt wurde. Die Wissenschaftler haben die wenige Quadratmikrometer großen Plättchen auf Saphir geklebt und anschließend die Eigenschaften gemessen. „Wir haben auch bei tiefen Temperaturen gute Ergebnisse gehabt“, so Schmidt. Diese seien für Hochfrequenz-Experimente notwendig, die in der Quantenmagnonik häufig durchgeführt werden. „Man könnte die Yttrium-Eisen-Granat-Plättchen aber auch zum Beispiel auf Silizium kleben“, so Schmidt. Der Halbleiter wird in der Elektronik sehr häufig angewendet. Zudem könne man auch andere, beliebig geformte Dünnschicht-Mikrostrukturen aus YIG produzieren. Das ist laut Schmidt besonders für hybride Bauteile spannend, bei denen Spinwellen beispielsweise an elektrische Wellen oder auch mechanische Schwingungen gekoppelt werden.
MLU Halle-Wittenberg / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
P. Trempler et al.: Integration and characterization of micron-sized YIG structures with very low Gilbert damping on arbitrary substrates, Appl. Phys. Lett. 117, 232401 (2021); DOI: 10.1063/5.0026120 - Nanostrukturierte Materialien, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle