03.01.2019

Regen vom All aus messen

Niederschlagsbestimmung über Reflektometrie der Signale von Navigationssatelliten.

Um den Klimawandel zu analysieren oder Informationen über Natur­gefahren bereit­zustellen, ist es wichtig, Wissen über den Regen zu sammeln. Eine bessere Kenntnis der Nieder­schlags­menge und ihrer Verteilung könnte beispiels­weise zum Schutz vor Über­schwemmungen durch Flüsse beitragen. Ein neuer Ansatz nutzt erstmals Informationen, die in Radar­signalen von Navigations­satelliten enthalten sind, um Regen über dem Meer zu erkennen. Die Technik könnte dazu beitragen, Nieder­schläge in der Atmosphäre besser zu überwachen als bisher.

Abb.: Foto von TechDemoSat-1 flugbereit im Reinraum (Bild: SSTL)
Abb.: Foto von TechDemoSat-1 flugbereit im Reinraum (Bild: SSTL)

Ein neuer Ansatz eines Teams um Milad Asgarimehr, der in der GFZ-Sektion für geo­dätische Welt­raum­verfahren und an der TU Berlin forscht, gemeinsam mit Forschern vom Earth System Research Laboratory des National Oceanic and Atmospheric Administration der USA (NOAA) sowie der Universität Potsdam nutzt Informationen, die in Radar­signalen von GNSS-Satelliten (Global Navigation Satellite System) enthalten sind, um Regen über dem Meer zu erkennen. Die Technologie trägt den Namen GNSS-Reflekto­metrie. Sie ist eine innovative Satelliten-Fern­erkundungs­methode mit einem breiten Spektrum geo­physikalischer Anwendungen.

Nach Ansicht der Forschern könnte der neue Ansatz dazu beitragen, Nieder­schläge in der Atmo­sphäre besser zu über­wachen als bisher. Asgarimehr: „Unsere Forschung kann als Ausgangs­punkt für die Entwicklung eines zusätzlichen Regen­indikators dienen. Wir können damit Nieder­schlags­informationen mittels GNSS-Reflektometrie mit bisher unerreichter zeitlicher Auflösung und räumlicher Abdeckung liefern.“

„GNSS sind ‚Allwetter-Navigationssysteme‘“, erklärt Asgarimehr. „Eine lange gehegte Grund­annahme war deshalb, dass ihre Signale so verfasst sind, dass sie durch Wolken oder typische Nieder­schläge in der Atmo­sphäre nicht merklich abgeschwächt werden und Nieder­schläge deshalb nicht erkennen können." Die neue Studie nutzt einen anderen Effekt, um Regen über dem Meer nach­zuweisen: Die Rauheit der Meeres­oberfläche.

Diese Oberfläche ist vor allem deshalb ‚rau‘, weil Winde auf ihr Wellen erzeugen. Die Stärke der an der Ober­fläche reflektierten Satelliten­signale verhält sich umgekehrt proportional zu ihrer Rauheit: Je mehr und je stärker die Wellen, desto schwächer ist das reflektierte Signal. Kürzlich ließ sich nach­weisen, dass es möglich ist, die Wind­geschwindigkeit über den Ozeanen aus Messungen der Rauheit seiner Ober­fläche zu ermitteln.

Regentropfen, die auf eine Meeresoberfläche fallen, verändern ebenfalls deren Rauheit. Milad Asgarimehr und das Team um ihn stellten sich die Frage: Kann die GNSS-Reflektometrie Nieder­schläge über Ozeanen erkennen?

Lautet die Antwort ja, könnten GNSS-Reflekto­metrie-Satelliten Regen fast wie ein Beobachter erkennen, der Regen­tropfen zusieht, wie sie das Spiegel­bild des Mondes auf der Ober­fläche eines Sees bei Nacht stören. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied: Anders als das Mond­licht sind die GNSS-Signale in der Lage, die Wolken zu durchdringen.

Bei der Analyse von Daten des Navigations­satelliten TDS-1 (TechDemoSat-1) fand Asgarimehr Hinweise darauf, dass Regen über Ozeanen nachweisbar ist, sofern der Wind nicht zu stark weht. Aller­dings fehlte seiner Forschung noch eine theoretische Begründung. „Lange dachte man, dass solche GNSS-Reflekto­metrie-Messungen unempfindlich gegenüber der klein­räumigen Ober­flächen­rauheit sein müssten, die durch Regen­tropfen auf der Meeres­oberfläche verursacht wird“, erklärt Asgarimehr. Doch die Veröffentlichung eines neuen theoretischen Modells im Jahr 2017 lieferte eine plausible Abschätzung für die Physik der Streuung von Radar­signalen an einer von schwachen Winden gestörten Meeres­oberfläche.

Milad Asgarimehr sagt: „Die Technik ist noch jung und wir müssen unser physikalisches Verständnis, unsere Modelle und Algorithmen weiter verbessern, um tiefere GNSS-basierte Regen­informationen zu erhalten. Aber die Arbeit lohnt sich, wenn wir damit in Zukunft Daten­lücken bei der Über­wachung von Nieder­schlägen schließen können.“

GFZ / DE

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