Reise in den Erdmantel
Hochdruckversuche erklären den Weg von Kohlenstoff tief ins Erdinnere.
Geophysiker vermuten, dass rund 90 Prozent des Kohlenstoffs der Erde tief im Erdinnern lagern. Von dort steigt Kohlenstoff über den oberen Erdmantel bis in die Erdkruste und weiter in die Atmosphäre auf, und umgekehrt wandert Kohlenstoff von hier bis tief ins Erdinnere hinab. Während dieses globalen Kreislaufs sind die Kohlenstoffatome Bestandteile der unterschiedlichsten Gase und Mineralien, die auf ihren Transportwegen eine Vielzahl chemischer Reaktionen und Umformungsprozesse durchlaufen. Welche Prozesse an dem langen Transportweg bis in die Tiefen des unteren Erdmantels beteiligt sind, haben Wissenschaftler am Bayerischen Geoinstitut BGI der Universität Bayreuth nun am Beispiel des Eisenkarbonats untersucht.
Abb.: Kristallstrukturen des Eisenkarbonats: An der Erdoberfläche sind Kohlenstoffatome und Sauerstoffatome in Dreiecken angeordnet, tief im Erdinnern gruppieren sie sich zu Tetraedern um. (Bild: C. McCammon, BGI)
Proben dieses Minerals wurden im Labor den Bedingungen ausgesetzt, die in rund 700 Kilometern unter der Erdoberfläche und in noch tieferen Bereichen des Erdinnern herrschen. Diamantstempelzellen erzeugten einen Druck von bis zu 100 Gigapascal. Zeitgleich erhitzte ein Laserstrahl die Proben bis zu etwa 3000 Grad Celsius. Unter diesen Bedingungen unterzogen die Wissenschaftler die Proben einer intensiven Bestrahlung mit Röntgenlicht. Die dabei entstehenden Beugungsmuster zeigten, wie sich die Kristallstrukturen des Eisenkarbonats veränderten.
„Es hat sich herausgestellt, dass die Kohlenstoff- und Sauerstoffatome im unteren Erdmantels neue kristalline Strukturen annehmen. Sie ordnen sich in Tetraedern an – in Strukturen, wie wir sie von Silizium- und Sauerstoffatomen in Mineralien an der Erdoberfläche kennen“, sagt Catherine McCammon vom BGI. Wie die Experimente ergaben, verleihen die neuen Strukturen dem Eisenkarbonat eine außergewöhnliche Stabilität. Die Kohlenstoffatome bleiben darin eingeschlossen, wenn das Mineral noch tiefer in den unteren Erdmantel absinkt.
Die Wissenschaftler berichten noch über eine weitere Entdeckung. Unter den sehr hohen Drücken und Temperaturen des unteren Erdmantels setzt eine starke Oxidation des im Eisenkarbonat enthaltenen Eisens ein. „An der Erdoberfläche würden solche Oxidationsprozesse zum Beispiel den gesamten Stahl eines Automobils in kürzester Zeit komplett in Rost verwandeln“, erläutert McCammon.
U. Bayreuth / JOL